So ein paar Jahre
Wir kennen uns nun seit etwa 29 Jahren. Wir haben uns gut verstanden, konnten gut miteinander reden und haben angefangen, gemeinsam etwas zu unternehmen: Mal ein Konzert, mal eine Party, mal in ein Museum oder ins Theater und auch mal eine Reise nach Polen. Irgendwann auf dem gemeinsamen Weg war klar, dass wir wohl zusammen sind. Das passierte einfach, ganz langsam und ohne dass Du oder ich irgendwie in diese Richtung gedrängt hätten - zumindest nicht, dass mir das bewusst wäre. Manchmal hat einer von uns natürlich mal getestet, wo wir wohl stehen und haben es irgendwann einfach irgendwann nicht mehr anders bezeichnen können. Das muss spätestens so Ende 1989 gewesen sein.
Wir haben studiert, Du in Koblenz, ich in Heidelberg. Ich bin regelmäßig zu Dir nach Koblenz gefahren und Du zu mir in unsere WG. Das war einerseits eine tolle Zeit, mit viel Freiheit (und dummerweise kaum Geld), neuen Freunden, interessanten Dingen zu tun... wir waren zusammen einen Monat in Ägypten und zwei der ersten, die die gerade erst für Touristen freigegebene Oase Siwa besuchen konnten. 1993 waren wir noch mal so lange in Syrien und Jordanien. Wir haben immer gut zusammen reisen können. Wir konnten überhaupt sehr viel gut zusammen machen. Ich fand das immer toll, wie Du Dich in neue Themen und Wagnisse gestürzt hast und habe mich hin und wieder dabei gefragt, ob ich Dir nicht irgendwann zu langweilig werde, weil ich mich nicht genauso spontan und enthusiastisch in Abenteuer stürze.
Das nächste größere Abenteuer war dann aber ein gemeinsames: Ein Kind zu kriegen, als Studenten mit 24 Jahren. Da waren wir aber schon eine Ewigkeit zusammen und für mich bestand da kein Zweifel, dass wir das schaffen. Ich glaube, für Dich auch nicht. Ich erinnere mich daran, wie schön die Schwangerschaft war. Wie Du vor dem Spiegel gestanden hast, wie wir Fotos gemacht haben. Und es war auch am Ende alles machbar. Alles hat geklappt. Aber wie schon vorher ist alles irgendwie passiert, nichts war geplant. Alles war im Fluss, hätte so oder anders kommen können, aber so wie es kam war es auch gut.
Wir haben dann heute vor 19 Jahren geheiratet. Sohn Nummer 1 war 4 Jahre alt. So lange hat es gedauert, bis wir irgendwie an dem Punkt ankamen, dass das mit dem heiraten wohl jetzt besser sei, denn es wird doch sonst ziemlich kompliziert - damals wäre es für mich sonst nicht mal möglich gewesen, ihn ohne eine schriftliche Vollmacht vom Kindergarten abzuholen oder zum Arzt zu begeiten. Haben wir halt geheiratet. Weder in weiß noch mit dem ganzen Pomp sondern so ein bisschen in unserem Stil: Axel und die Band spielen Irish Folk, wir organisierten eine bunte Mischung aus Kuchen und Häppchenbuffet, Achim verwandelte eine ziemlich triste Halle in einen großartigen, mit Schwarzlicht illuminierten Dschungel zum tanzen. Es war am Ende eine lockere Party, an die wir uns jedes Jahr erinnern, sobald sich Lady Dis Todestag jährt - denn die Nachricht von ihrem Unfall hörten wir brandfrisch gegen vier Uhr früh auf der Heimfahrt im Radio.
Wir haben beide einen Beruf gestartet. Wir haben das zweite Kind bekommen und sind umgezogen, weil die Wohnung zu klein wurde. Ich habe einen Job in Neu-Isenburg gefunden, als der alten Firma die Luft ausging. Mehr Geld, noch größere Wohnung. Aber es wurde dennoch irgendwie immer enger. Wir haben das nicht so gemerkt und ich überspringe die Details, weil ich schon mal darüber geschrieben habe. Wichtig ist aber: Auch da passierte das alles irgendwie. Auch da haben wir nicht bewusst geplant oder gelenkt, wo es hingehen sollte. Und irgendwann 2003 ging es eben auseinander.
Ich war eine Weile sauer auf die Situation. Und auf mich. Eine Weile ist eine Untertreibung, es war eine lange Zeit, die ich brauchte, um mehr zu tun als arbeiten zu gehen und mich um die Kinder zu kümmern. Ich war aber nur sehr selten auch sauer auf Dich. Ich wüßte gar nicht, was Du anders hättest machen können. Ich kannte Dich seit fast 15 Jahren, das warst einfach Du und Deine Entscheidung war für mich völlig nachvollziehbar. Ich fragte mich nur, ob ich etwas hätte anders machen können. Zum Glück nicht ewig, irgendwann konnte ich auch weitergehen.
Das schöne daran, dass wir uns so gut kannten war, dass wir uns in einer Sache einig waren und darüber - meine ich - nie ein Zweifel bestand: Wir wollten weiterhin gemeinsam die Kinder groß kriegen. Wir waren kein Paar mehr, aber wir blieben Partner. Ich bin Dir dankbar, dass Du immer unmissverständlich klar gemacht hast, dass wir beide die Eltern unserer Kinder sind und es auch immer bleiben werden. Und dass alles, was die beiden angeht, unsere Entscheidung sein wird, nicht eine von irgendwelchen unserer möglichen Partner. Ich habe versucht, mich ins Zeug zu legen wie ich konnte, um dem Gerecht zu werden und bin zuweilen meinen Grenzen sehr nah gekommen. Du hast dasselbe getan und hast im Versuch, alles unter einen Hut zu bekommen, die Grenzen Deiner Leistungsfähigkeit sogar überschreiten müssen.
Aber wir haben es irgendwie auf fast 30 Jahre geschafft. Erst als Freunde, dann als Liebespaar, eine Weile davon als Ehepaar und die letzten 13 Jahre als (ich hoffe meinerseits als verlässlicher) Partner. Da kann man mal den ollen Ehering anziehen und anstoßen. Wie jedes Jahr am 29. August. Auf die Freundschaft und die Liebe. Darauf, dass wir eine schöne Zeit hatten, die keiner von uns bereuen muss und darauf, dass Du immer ein Teil meiner erweiterten Familie bist und ich ein Teil der Deinen.
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Kommentar von: Hermann Ritter [Besucher]
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Als Zeitzeuge gewisser Teile des Weges: Hut ab vor den Worten und den Taten.