Kategorie: ".. nachrichten"
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Heute ist International Talk Like A Pirate Day. Aber eigentlich war gestern ein viel besserer Piratentag und wer meiner Twittertimeline folgt, hat es vielleicht schon bemerkt: ich freue mich wie Bolle über den Erfolg der Piratenpartei in Berlin.
Ich bin aber kein genereller Freund der Piratenpartei. ich sympathisiere mit sehr vielen Ideen und Themen, in denen sich ihre Protagonisten und Mitglieder gut auskennen, hoffe aber auch darauf, dass sie sich noch Know How dazuholen, wo sie sich nicht auskennen oder gar glauben, sie täten es schon (z.B. beim Thema Urheberrechte, bei dem sie sich mit ihrer Naivität unnötig die Künstler vergrätzen oder die pubertär geprägte Ignoranz bei Genderthemen). Ich glaube aber, dass die Piraten den Druck an einer wichtigen Stelle erhöhen, indem sie eine positive, transparente, basisorientierte Demokratie vorleben und fordern. Das Prinzip beta und das Ausprobieren aus dem Internet in die versteinerte, visionsfreie das-war-schon-immer-so-Politik bringen.
Deswegen freue ich mich über den Erfolg in Berlin.
Eine der treffenderen Analysen kommt von Stefan Plöchinger gibt es heute in der SZ (trotzdem er nicht ohne "digitale Wutbürger" und "Markenkern" auskommt):
Wer mit der digital manifestierten Demokratie fremdelt, soll nicht die Zukunft dieser Medienrevolution bestimmen dürfen: So erklärt sich Berlins Protestwahl. Und natürlich dadurch, dass im Jahr 2011 immer noch platteste Thesen die deutsche Debatte über das Internet bestimmen...
Und ich kann Lorenz nur beipflichten, der den Piraten ein paar wirklich gute Ratschläge mitgibt.
Meine eigene Partei (ja, ich bin PARTEI-Mitglied der ersten Stunde) betätigte sich derweil ebenfalls als Piraten und enterte stilgerecht die FDP-Party.
Wenn ich heute die Nachrichten sehe erinnere ich mich mich sehr lebhaft an die Zeit, als ich 13 Jahre alt war. Auch da wurde gegen alle Widerstände gebaut und die Zahlen und Fakten klingen doch sehr ähnlich:
Am 14. November 1981 demonstrierten in Wiesbaden mehr als 120.000 Menschen gegen die Startbahn-Pläne. Dem Landeswahlleiter wurden 220.000 Unterschriften für ein Volksbegehren übergeben. Der Frankfurter Magistratsdirektor Alexander Schubart rief auf der Kundgebung zu einer „Besichtigung“ des Flughafens am nächsten Tag auf. Tags darauf blockierten über Stunden Startbahngegner die Eingänge zum Flughafen. Als die Polizei mit Gewalt gegen die Demonstration vorging, flüchteten die Demonstranten auf die benachbarte Autobahn, wo sie Barrikaden errichteten. Zur Räumung der Autobahn setzte die Polizei per Hubschrauber abgesetzte Bundesgrenzschutz-Einheiten ein.
Über eine Woche war die Innenstadt von Frankfurt und anderen Städten des Rhein-Main-Gebietes durch tägliche Protestaktionen faktisch gesperrt. Eine Besetzung des Frankfurter Hauptbahnhofs wurde von Ordnungkräften verhindert. Am späten Abend des 3. November 1981 kam es in der Rohrbachstraße im Frankfurter Stadtteil Nordend zu einem schwer umstrittenen Polizeieinsatz gegen eine Startbahndemonstration, bei dem mehrere Demonstranten schwer verletzt wurden. (...)
Die Bilder in den Nachrichten waren ebenfalls ähnlich und auch die zunächst scheinbar großen Mobilisierungserfolge: Auch die Gegner der Startbahn West setzten sich aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammen, auch hier wurde der Druck aus der Bevölkerung immer größer und erschien fast übermächtig. Und auch hier ist man dann irgendwann auf die Hardliner-Schiene gewechselt, wodurch zwar zunächst alles noch ein mal eskalierte, aber wodurch man eben auch erreichte, dass die bürgerlichen Lager zu Hause blieben und nur noch die bildwirksamen "Chaoten" zu den Demos kamen.
Denn darum geht es bei dieser Strategie ja: Die Bilder im Fernsehen sind zwar schlimm, die Wut auf selbstherrlich daherfaselnde Innenminister groß, aber der gewünschte Effekt wird sich einstellen und die netten alten Damen und Herren werden nicht mehr zu den Demos kommen, weil sie Angst davor haben müssen, dort von Polizisten verprügelt zu werden. Das ganze ist dabei aber wahrscheinlich gar nicht mal eine 100% bewusste Entscheidung sondern eher ein technokratischer Prozess.
Und dann wird - wie die Startbahn West - auch diese Baustelle errichtet. Ich erinnere mich auch noch an die Betonwand, die man damals aufgebaut hat - ich bin gespannt, ob es so eine auch mitten in Stuttgart geben wird ...
Update: Tilman Aretz vermutet in seinem Kommentar bei n-tv ähnlich.
Eine Anwältin aus Lörrach lief in einem Krankenhaus Amok und erschoss dort einen Pfleger nachdem Sie zuvor ihren Mann und ihren Sohn tötete und ihre Kanzlei ansteckte.
Ein Amoklauf bei dem alle bisherigen Erklärungen der letzten Jahre einfach nicht passen: Eine Frau und kein vernachlässigter Jugendlicher, keine Killerspiele auf dem Rechner, keine böse Musik im CD-Player, keine Gewaltvideos im Schrank ... man steht offenbar vor einem völligen Rätsel.
(...) Bei ihrem Amoklauf war die Sportschützin nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft mit einer kleinkalibrigen Pistole und rund 300 Schuss Munition bewaffnet. (...)
Wenn man doch nur irgendeine Gemeinsamkeit fände, man könnte eventuell so viele Amokläufe in Zukunft verhindern. Aber ach, das wird wohl noch für lange Zeit weiterhin ein Wunschtraum bleiben.
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