Aufhören? Das soll die Lösung sein?
Der Spiegel titelt morgen so:
Und ich weiß nicht, was mich daran mehr ärgert: Die unverhohlene Lust an der Destruktivität oder das billige Bespielen des Triggers Häme. "Aufhören!" ist ein Ruf, den frustrierte Zuschauer skandieren, wenn die Vorstellung auf der Bühne saugt. Die Presse ist aber kein Zuschauer. Es nervt schon genug, wenn die Bildzeitung ständig für "uns Deutsche" spricht, da muss der Spiegel nicht auch noch damit anfangen.
Wenn der frustrierte Bürger als Ausdruck seines Ohnmachtsgefühls "Aufhören!" ruft, dann kann man das gerne berichten. So aber ist der Titel eine bille Anwanzerei. Und wie einfach wäre ein besserer Titel gewesen. Einer der zum doch hoffentlich irgendwo noch vorhandenen Selbstverständnis des Journalismus passt. Eine konstruktive Forderung. Zum Beispiel "Anfangen!"
Wie viel lieber hätte ich also eine Presse, die einen Schritt weiter denkt und von der Regierung verlangt, sich endlich wie eine solche zu benehmen und aktiv zu regieren beginnt. Die sie auffordert, die Klientelpolitik sein zu lassen, für das ganze Volk zu arbeiten wie es ihre Aufgabe wäre und endlich die wirklich brennenden Probleme anzugehen: Das Steuersystem zu ändern, das Gesundheitssystem zu reparieren, echte Bildungspolitik zu machen, sich aus der Abhängigkeit von Konzernen und Lobbyisten zu lösen, dumme Symbolpolitik sein zu lassen. Wenn diese Regierung das machen würde, wäre ich viel froher darüber als wenn sie hilflos scheitert.
Der Opposition könnte sie übrigens auch was erklären. Nämlich, dass immer nur einfach dagegen sein keinem einzigen Bürger in diesem Land weiterhilft. Oder dass sie Vertrauen dafür gewinnt, daß sie es auch nur einen Deut besser machen würde.
"Der Wähler" wünscht sich doch eigentlich eine funktionierende, konstruktive und für alle verantwortlich handelnde Regierung, und es ist den meisten Menschen wahrscheinlich eigentlich recht egal, wer nun da vorne herumsteht - Hauptsache er macht seinen Job gut. Ich habe Merkel nicht gewählt, aber ich kann - anscheinend im Gegensatz zum Spiegel und den Oppositionsparteien - durchaus akzeptieren dass sie jetzt erst mal Kanzlerin ist. Sie ist nämlich einigermaßen demokratisch gewählt worden und es bringt absolut nichts, jetzt Jahre lang erbost die Faust zu recken weil man die Wahl nicht gewonnen hat: Wenn man glaubt, man kanns besser sollte man durch gute Vorschläge überzeugen. Und dadurch den Wähler davon, nächstes Mal anders zu wählen.Wenn ich stattdessen als Opposition einfach nur vier Jahre schmollend oder krakeelend in der Ecke stehe überzeuge ich niemanden und wenn ich mich als Presse nur über das Scheitern der Regierung meines Landes freue dann hab ich meine Aufgabe verfehlt, sollte ich mich tatsächlich noch als "vierte Macht" betrachten. Man kann - als Presse oder Opposition - seine Macht nicht nur destruktiv einsetzen. Aber das würde einem ja wahrscheinlich den schnellen, egoistischen Erfolg kosten.
Hm. Ich könnte den ganzen Kommentar eigentlich auch in zwei Sätzen zusammenfassen:
Ich kann Leute nicht ausstehen, die anderen beim Scheitern zusehen und sagen "Hätt ich Dir auch gleich sagen können" - das ist nämlich mal so richtig asozial. Und die Regierung soll nicht aufhören, sondern endlich mal anfangen, ihren Job zu machen.
Update: Ähnliches von Johnny.
2 Kommentare
Dass Guido und Horst “Mutti Merkel” vom arbeiten abhalten halte ich für ein schmeichelndes Missverständnis. Die würde auch ohne die beiden nichts tun als heiße Luft zu produzieren, das hat sie während der großen Koalitze auch schon nicht anders gemacht.
Formular wird geladen...
Deine Kritik an der rein destruktiven Kritik teile ich.
Ich hatte den Titel erst aber so verstanden, dass sie mit ihrem Theater endlich aufhören sollen (wer weiß, vielleicht wird das morgen ja präzisiert).
Ich habe ja nichts gegen unterschiedliche innerparteiliche/innerkoalitionäre Meinungen, aber wäre es nicht angebrachter irgendwelche Beschlüsse, sei es das Sparpaket, sei es der Bundespräsidentenkandidat, vorher gut abzustimmen?
Was jetzt aber gemacht wird, ist, Gesicht wahren:
FDP: keine Steuern erhöhen
CDU: Wulff muss bleiben, weil wir haben uns nun mal fest gelegt
Jeder kann den anderen erpressen, und so wird bis zum 30. wieder nichts passieren.
Eine Lösung wäre, wenn sowohl die CDU als auch die FDP mal über ihren Schatten springen, und ihre Positionen aufgeben. FDP für maßvolle Steuererhöhungen für die Reichen und Gauck als Präsidentschaftskandidat. Ich glaube, das würde ihnen eher zur Popularität gereichen, auch wenn die meisten Medien sich wieder auf die Umfaller-FDP kaprizieren werden. Aber was hat die FDP denn momentan noch zu verlieren?
Ich fürchte nur, die FDP hat immer noch nicht kapiert, dass sie nicht mehr in der Opposition ist, und dass Verantwortung für ein Land zu übernehmen eben nicht nur in der Verteidigung von Einzelinteressen liegt.
Mutti Merkel muss sich mit den Rabauken Guido und Horst (Seehofer) herumschlagen, und kommt deshalb nicht mehr zum arbeiten.
Vielleicht könnte die Opposition mal Familienhilfe anbieten?