Tron Tran
Ich hab ja letzte Woche "Tron: Legacy" gesehen. Ich wollte danach eigentlich nicht mehr drüber nachdenken, wie ich ihn finde - was ich aber nicht durchhalte. Ich bekomme ihn einfach nicht aus dem Kopf. Nicht weil er so toll war. Leider.
Eigentlich war er schlecht. Unsagbar schlecht. aber das will ich nicht, ich will - und ich wollte das schon die ganze Zeit, die ich im Kino sass - dass er ein Erlebnis ist. Dass es dem Original gerecht sein würde. Ich wollte eine intelligente Story, sympathisch unperfekte Charaktere, gute Gags, eine spannende Metapher zur vernetzten und von der Technik so abhängigen Informationsgesellschaft, ich wollte eine andere Welt sehen. Ich wollte dem Film - nachdem mir klar war, dass er nicht einmal ansatzweise auch nur irgendetwas davon hinbekommen würde - zu Gute halten, dass er es wenigstens versuchte. Denn zumindest das tat er. Die Referenzen waren viele und sie waren auch sehr liebevoll integriert. Um so mehr jedoch tut es weh, diesen Film nicht gut finden zu können.
Der Soundtrack ist grandios. Die Bilder, die Kostüme, die Sets, das 3D, die Game- und Lightcyclesszenen, der Carrier, Jeff Bridges... weit vor allem Jeff Bridges... alles war cool, im Rahmen des Films stimmig und alles war extrem stylish. Aber was ist denn nur verdammt nochmal mit der Story passiert? Da stimmte nichts, es gab keine schlüssige Motivation, keinen Grund für rein gar nichts, was auch nur irgendeine Person in diesem Film an irgendeiner Stelle und zu irgendeinem Zeitpunkt tut. Es gibt eigentlich keine Gefahr, es gibt keine echte Aufgabe, es gibt keinen Grund warum Jeff Bridges Charakter nicht einfach schon direkt am Anfang das tut, womit er am Ende den Reset bewirkt - überhaupt: Filme mit Reset sind das lameste was es gibt (okay, Prequels sind noch lamer).
Es gibt kaum Protagonisten. Es gibt keine "Welt" - nur exakt die Bühne, die uns die Leinwand zeigt und die nötig ist, das bisschen Handlung zu beherbergen. Die paar Figuren, die mehr als zwei wichtige Sätze sprechen, kann man an einer Hand abzählen, was das ganze endgültig zu einem Kammerspiel macht. Wo ist denn die Computerwelt? Wo die Abermillionen Programme, die riesigen Server-Städte mit ihren vielen IO-Towers die sogar im ersten Film am Horizont zu sehen waren und dem Zuschauer glaubhaft vermittelten, dass man hier nur einen winzigen Ausschnitt eines viel größeren Universums zu sehen bekommt?
Ich dachte schon während des Films, dass ich mir den nicht noch einmal ansehen werde, weil ich sonst merke wie schlecht er wirklich ist. So habe ich nun eine irgendwie wehmütige und wohlwollende Erinnerung an eine letztlich doch noch wohlige Atmosphäre. Ich höre grade - auch in diesem Moment - den wirklich tollen Soundtrack, der geradezu ideal als Hintergrundmusik fürs unterwegs sein geeignet ist. Ich freue mich, dass der als Heiliger inszenierte Jeff Bridges unglaublich cool aussah. Und ich versuche, zumindest ab jetzt, wo ich meinen Frust mal weggeschrieben habe, nicht weiter drüber nachzudenken, wie leicht dieser Film hätte großartig sein können - ich will am Ende einfach nicht so abgrundtief enttäuscht sein wie ich es objektiv gesehen eigentlich sein müsste.
10 Kommentare
Kommentar von: kaltmamsell [Besucher]
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
Ich hab den Film in den letzten Jahren noch einige Male gesehen und natürlich hat er eine gewisse Naivität - was vielleicht nicht so verwunderlich ist, weils am Ende ja doch immer noch ein Walt Disney Film ist. Ich finde die Story aber durchaus auch heute noch facettenreich und frisch, die Atmosphäre stimmig, es gibt mehr als nur eine starke Rolle und die Handlung findet auch außerhalb des Gezeigten statt, was bei der Umsetzung von SciFi-Stoffen immer ein echtes Herausforderung ist. Aber mir ist schon auch klar: Die Geschichte im alten Film ist auch nicht sonderlich tiefgehend. Nur: gerade dann hätte es doch leicht sein müssen, zumindest diese niedrige Latte nicht noch zu reißen.
Überhaupt, das Gezeigte: Ich hab gar nichts gegen Kulissen, die wie Kulissen aussehen. Ich komme super mit Mattepaintings zurecht, die im Hintergrund herum stehen. Ich sehe im alten Film aber dennoch, dass man eine Welt konzipiert hat, die größer ist als das bisschen Pappe, das man direkt im Bild sehen kann. Das ist im neuen Film anders, da gibt es links und rechts des Bildschirms nichts. Das passt dann auch dazu, dass es keine Handlung jenseits der direkten Umgebung des Protagonisten gibt. Sobald er eins der kleinen, fest umrissenen Bühnen verlässt und die nächste betritt hört hinter ihm sofort jedes autonome Leben auf.
Das ist ja extrem schade. Ich hatte mich auf den Film eigentlich gefreut. Die Trailer sahen ja eigentlich recht viel versprechend aus. Viellicht sollte ich mir dann diese sogenannte Fortsetzung lieber erst gar nicht ansehen. Klar ist TRON disneysiertes Popcorn-Kino, aber der Film macht mir heute noch Spaß. Erst vor ein paar Wochen wieder gesehen und anschließend hatte ich mich dann durch das Bonus-Material gewühlt. Herrlich!
Na, ich werd mir dann T:L lieber irgendwann mal auf DVD anschauen.. an einem verregneten Sonntag.. nebenbei.. beim spielen.. vielleicht TRON 2.0 mal wieder installieren.. wobei.. davon war ich ja auch enttäuscht.. ach…
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
Ja, das Game war super und hatte auch auf jeden Fall die bessere Handlung…
Kommentar von: kaltmamsell [Besucher]
Vielleicht doch nochmal anschauen? Als sensationellen Bilderrausch mit sensationellem Sound?
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
Das war er tatsächlich. Wie gesagt, der Soundtrack läuft bei mir grade dauerhaft als Hintergrundmusik. Vielleicht kam das ja nicht so rüber: Bilder, Bewegung, 3D, Coolness, Musik waren absolut top und sehens/hörenswert. Als Bilder- und Tonrausch wars spitze. Daher bin ich ja so traurig darüber, dass die Story so schrecklich hinter all dem zurückfällt.
Und ich hab noch nicht davon angefangen, was wirklich ärgerlich war. Z.B. dass “in einem Computer” die Geschlechterrollen altmodischer sind als im diesbezüglich ja auch nicht progressiven 80er Film. Und dass die einzige Person, die nicht eindeutig geschlechtlich festgelegt ist ein dekadenter Spinner ist, der nur Party macht und opportunistisch die Seiten wechselt.
Kommentar von: Kai [Besucher]
OK, jetzt auch gesehen, mein erster 3D überhaupt (man will ja mal mitreden), my 2 cents:
ACHTUNG: SPOILER AHEAD!
-> 3D: weniger schlimm als erwartet; keine Magenverstimmung, nur leichte Kopfschmerzen, die aber eher von dem Oschi von Brille herrühren (3D Brille vor Brille - tut nach 2 h recht weh :)
-> Optik: stylish, d’accord
-> Sound: OK, mehr aber auch nicht; klingt wie John Carpenter auf Steroiden; 80er Retro beindruckt mich nicht sooo sehr, denn ich war bei den Originalen dabei :)
-> Story: sorry Jens, haben wir denselben Film gesehen? Ich kann mir deinen Rant nur mit entäuschten Erwartungen erklären (wie du ja andeutest), denn die Handlung war vorhanden, sie war schlicht und sehr “extreme forwarded"; das war Avatar aber auch und by the way, die war bei Tron 1 auch schlicht. Eine simple “Search & Locate” Story die zu einem “Search & Rescue” wird mit einem Schuß Heldenreise.
“..es gab keine schlüssige Motivation, keinen Grund für rein gar nichts..”
Hä? Er geht dem Rätsel des Verschwindens nach, findet ihn, erfährt warum er gefangen ist und rettet jemanden am Schluß erfolgreich. Halt jemand anderen als geplant. :-P
“…was auch nur irgendeine Person in diesem Film an irgendeiner Stelle tut.”
Doppel-Hä? Vaddern will verhindern dass CLU aus dem Grid entkommt, CLU versucht nur (ala HAL) seinen Parametern gerecht zu werden, Sohn will Vaddern retten, der Iso versucht seine Identität zu ergründen. Mehr Motivation als in Avatar. :)
“..Es gibt eigentlich keine Gefahr, es gibt keine echte Aufgabe..”
Tripple-Hä? Programme haben auf einmal die Möglichkeit ihr Grid zu verlassen. Ob sie real Schaden anrichten können, wird ja offen gelassen. Jedenfalls wollen es die Flynns nicht darauf ankommen lassen.
“.. es gibt keinen Grund warum Jeff Bridges Charakter nicht einfach schon direkt am Anfang das tut, womit er am Ende den Reset bewirkt”
Quadrupel-Hä? Welcher Reset? Er besiegt, löst auf, desintegriert, whatever seine eigene Schöpfung. Der Grid verändert sich sichtbar erst mal nicht. Er deutet ja an, warum er nicht gegen CLU kämpfen will: seine Reaktion verstärkt (spiegelbildlich) nur die Kraft CLUs.
Wenn man den Schluß als Selbstopferung deutet, ist der Grund doch klar: Selbsterhaltung. Würdest du dich sofort beim ersten Anzeichen von Ärger selbst sprengen oder erst als letzte Möglichkeit?
Kleine Bühne: ja der Film beschränkt sich ausschließlich auf die Protagonisten und das Grid und seine Bewohner dienen nur als Kulisse. Dafür treibt es die Handlung voran und määndert nicht herum.
Kann man so machen, muss man nicht mögen aber das als “Scheiß-Film” zu bewerten sehe ich nicht so.
Ich gebe dem Film solide 3 von 5 Sternen.
@Henk: Jens lässt meiner Meinung nach zu sehr den entäuschten Fanboy raushängen, also lass dich nicht zu sehr davon abschrecken. Der Film hat definitv mehr als ein “verregnetes Wochenende” verdient. :)
Wobei sich der erhöhte Preis wegen dem 3D nicht rechtfertigen lässt, aber das ist nur meine Ansicht.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
“Scheiß-Film"? Wo liest du denn das raus?
Kommentar von: Kai [Besucher]
Na ja, da vielleicht “…ich dachte schon während des Films, dass ich mir den nicht noch einmal ansehen werde, weil ich sonst merke wie schlecht er wirklich ist.”
Gut “schlecht” statt “scheiß", ist dann meine Interpretation davon. :)
Ja, natürlich verschenkt Legacy das Potential, die Welt im Grid zu erkunden. Oder besser ausgedrückt: er legt keinen Wert darauf, dass zu tun. Er konzentriert sich auf die simple Rahmenhandlung und zieht die schnörkellos durch. Kann man so machen. Deren Geld, deren Entscheidung. Aber das deswegen als schlechten Film zu bezeichnen…
Übrigens, habe ich Tron 1 seienrzeit (2002) schon in der 20er Jubiläums-Ed. als RC1-DVD gekauft und trotzdem bis heute nicht noch mal gesehen (zuletzt 1982 im Kino). Ich werde Tron 2 auch nicht noch mal sehen, es sei denn ich muss mit meiner Tochter da rein.
Freuen tue ich mich auf “Tree of Life".
Der Herr Dewi sieht das übrigens auch ganz anders: http://wortvogel.de/2010/12/kino-kritik-tron-legacy/
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
Die Story war schlecht, der Rest war großartig. Dass dazwischen so ein riesiger Abstand ist war das, was mich beschäftigte. Natürlich war auch der alte Film nicht tiefsinniger, aber der war auch naiver gestaltet und hat sich selbst nicht so Ernst genommen wie der neue.
Musik: Ja, genau. Der Stil von Carpenter und Glass und auch ein wenig Eno ist genau das, was mir daran so gefällt. Ich finde aber grade gut, dass endlich auch mal wieder solche Musik neu entsteht. Meine Koojanisqatsi-CD ist echt totgehört. :)
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Du bist sicher, dass du den damaligen Tron nicht aus Nostalgie glorifizierst? Ich habe ihn mir zur Vorbereitung (morgen) nochmal angesehen und konnte mich nicht mehr so recht erinnern, was daran so sensationell gewesen ist. Story? Welche Story? Und die Pappkulissen?