"Wo bin ich? Welcher Tag ist heute?"
Das ist ja so ein Klischee-Standardsatz in eher zweitklassigen Filmen. Meistens angebracht, wenn dem Zuschauer klar gemacht werden muss, daß die Person, die ihn ausspricht eine Amnesie hat oder aus einer Trance oder einem schrägen Traum aufwacht.
Heute morgen ging es mir genau so. Ich wachte auf und musste überlegen, wo ich bin. Welcher Tag heute ist. Mit richtig Mühe die Fakten zusammenklauben, die eigentlich immer klar und deutlich vorliegen, sich aber heute Nacht erfolgreich aus meinem Hirn entfernt haben. Nicht nur ein bisschen, sondern vollständig. Direkt nach dem Aufwachen überlegen zu müssen, in welchem Bett man sich befindet ist vielleicht noch ganz lustig, aber für einige Sekunden überhaupt nichts klares über sich selbst zu wissen - Wo bin ich? Wie sieht mein Leben aus? Lebe ich alleine? Arbeite ich (und wenn ja, was und muss ich heute arbeiten?)? Hab ich Kinder (konnte ich als erstes beantworten, weil zumindest einer von ihnen in einem Traum vorkam)? Was muss ich als nächstes tun?
Das ganze dauert vielleicht gerade mal 10 Sekunden, kommt einem aber sehr viel länger vor. Ich hab das so zwei bis drei mal im Jahr und es passiert entweder nach Nächten wie der vergangenen, die extrem schwül war, in der ich deswegen sehr unruhig geschlafen habe und in der ich immer wieder aus Träumen aufwachte, die ich in normalen Nächten überschlafen und vergessen hätte. Irgendwie sammeln sich dadurch so Haufen von Bildern und Handlungsfetzen, die sich aufstapeln und die Bilder und fakten vom "echten Leben" mehr und mehr überdecken. Oder wenn ich in einem meiner langjährigen Fortsetzungsträume lande, in denen scheinbar parallele Alternativrealitäten neben diesem hier ablaufen in denen ich ein Teil der Besetzung bin. Dadurch, daß sie sich schon fast so echt anfühlen wie die Wirklichkeit hier muss ich mich nach dem Aufwachen auch erstmal wieder in dieser Welt einsortieren. Aber wie gesagt, das wars heute nicht - leider, muss ich sagen, denn diese Variante der Realitätsverschwurbelung ist hinterher wesentlich weniger verwirrend und währenddessen viel angenehmer.
Jetzt aber bin ich post-verwirrt. Ich musste mich heute morgen zwar nur kurz, aber dafür richtig heftig anstrengen, um zu mir zu kommen aber das schwurbelige Gefühl in Kopf und Bauch bleibt irgendwie länger erhalten. Es besteht noch eine gute Weile fort, nachdem ich bewusst eigentlich schon längst wieder im hier und jetzt stehe. Es fühlt sich so an, als ob ich Erinnerungs- und Gefühlsfetzen mit mir herumtrage, die hier gar nicht her gehören und eigentlich in den jeweiligen Träumen hätten zurückbleiben sollen. Sie kleben sich irgendwo an Eindrücke und banale Ereignisse wie einfahrende U-Bahnen, das Öffnen und Schließen von Türen, das Klingeln von Telefonen im Büro und ihr herumwabern sorgt dafür, daß diese Dinge - und dadurch die ganze gewohnte Normalität - sich nur ein klein wenig anders anfühlen.
Ach so: Ich schreibe das jetzt nicht auf, weil mich das irgendwie wundert oder ich mir Sorgen mache. Ich kenne das schon länger und glaube auch, daß das anderen genauso passiert und das gar keine so ungewöhnliche Sache ist. Ich schreibe das nur jetzt auf, damit ichs endlich mal aufgeschrieben habe, bevor es wieder ganz verschwunden ist und die Welt wieder so aussieht und sich anfühl wie immer.
3 Kommentare
Kommentar von: Kai [Besucher]

Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Seltsam? Ich? Hab ich ja noch nie gehört :)

Ja, manchmal kommt man sich vor wie in einem Phillip K. Dick - Roman. Das kenne ich auch nur zu gut. Kann man eigentlich sonst gar nicht so in Worte fassen.
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“Wenn ich nicht wüßte sie sind es, würde ich sagen sie sind es.”
Manchmal bisde schon n bischen seltsam, was?!? Aber das hörst du bestimmt auch öfters. :-P
Die Schlafforschung hätte jedenfalls Freude an dir (oder würde verzweifeln, je nachdem).