Die Polizei, die ich mir wünsche
Es macht leider immer nur kurzfristig Spass, sich über die Polizei lustig zu machen. Es ist eine Art Hilflosigkeit. Man denkt, was soll man denn anderes tun als lachen, wenn man Meldungen liest wie die vom 36MB Word-File, das mit einer 2 Absätze langen Pressemitteilung auf den Weg geschickt wird, Mailpostfächer zu verstopfen und die gesamte Dokumentenhistorie transparent zu machen?
Oder wenn einen das, was sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter unter dem Internet vorstellt, so bizarr von der Realität unterscheidet, dass man glauben muss, die haben sich ihr Wissen darüber ausschließlich aus schlechten B-Movies zusammenrecherchiert? Und was soll man von einer Polizei halten, die sich einen "Reset-Knopf" fürs Internet wünscht? Reset in welchen Zustand? Das Internet von 1992? Von gestern? Eines in dem auf magische Weise nur noch die guten Inhalte drin sind?
Bild: Metronaut
Man lacht zunächst, schlägt sich in Wirklichkeit aber die Hände über dem Kopf zusammen: Was ist das denn für eine Polizei, die wir da haben? Wenn man es mit den Vorstellungen der Weltmeere vergleichen würde, die die alten Seefahrer tradierten wäre deren Internet-Meer ja schon mit Drachen und Riesenkraken verseucht, wenn sie am Strand nur zwei Meter ins knietiefe Wasser spazierten.
Das geht doch nicht! Ich will keine solche Polizei. Ich will auch keine Polizei, die Leute verprügelt. Ich will keine Polizisten, die glauben, eine Uniform erlaube ihnen, jeglichen Anstand über Bord zu werfen. Ich will keine Polizei, die sich einen Dreck um Bürgerrechte, die Verhältnismäßigkeit der Mittel und Urteile des Bundesverfassungsgerichtes schert. Ich will vor allen Dingen keine Polizei, die meint, lügen zu können.
Ja, es ist ein ungleicher Kampf, wenn die Guten sich an die Regeln halten müssen und die Bösen nicht. Aber das ist nun mal auch eine Möglichkeit, die Guten von den Bösen zu unterscheiden.
Wie ich mir die Polizei stattdessen wünsche ist eigentlich ganz einfach: Sie soll genügend Mittel und genügend Personal haben, um sich echte Kompetenzen und Techniken zu verschaffen, die sie benötigt, um ordentlich arbeiten zu können. Auch soziale Kompetenzen und entsprechende Betreuung gehören da dazu. Polizisten machen einen echt harten Knochenjob, für den sie meiner Meinung nach eigentlich so gut bezahlt und versorgt gehören, damit sie motiviert und gut ausgebildet ihre Arbeit machen können.
Ich möchte eine Polizei haben, die ich wertschätzen kann und der ich vertraue, weil sie mir keinen Scheiß erzählt.
Ich möchte eine Polizei, die korrekt und neutral bleibt und nicht zum Handlanger von Politik- und Machtgeklüngel wird.
Ich möchte eine Polizei, die ihrerseits mir als Bürger zunächst darin vertraut, dass ich nichts böses oder verbotenes tue.
Ich möchte eine Polizei, die ich achten kann und die mich achtet.
Ich möchte eine Polizei, die so gefestigt und selbstbewusst ist, dass sie auch die achtet, die sie nicht achten.
Ich glaube ja, eigentlich war das auch mal so gedacht und es ist ein Jammer, dass sich das so sehr verändert hat.
5 Kommentare
Kommentar von: ollyy [Besucher]
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]
Das geht viel leichter. In der lebst Du nämlich schon.
Die Realität sieht leider völlig anders aus. Mein bester Kumpel ist bei der Bundespolizei am Frankfurter Flughafen. Er war mit 28 “ausbefördert". Beim Wechsel in den höheren Dienst hat er die Prüfung nicht geschafft, die Begründung: Das soziale Verhalten sei zu nett und kommunikativ gewesen. (ernsthaft!). Die Ausstattung wird nur noch durch Spucke zusammengehalten (insbesondere die Fahrzeuge), täglich 2h Überstunden sind völlig normal, natürlich in Wechselschicht. Da die Personaldecke am Flughafen mehr als dünn ist, werden Beamte aus anderen Ländern abgezogen. Ihr vorheriger Standort war im tiefsten Osten, Bewacher von grünen Grenzen. Keine Englisch-Kenntnisse (ganz toll an einem internationalen Flughafen), nicht im geringsten geschult auf die Hektik eines Flughafen. 6 Wochen Dienst mit Unterbringung in einer Einzimmer-Wohnung, dann 1 Woche frei. Deren sozialen Kontakte (und damit ein Ausgleich vom Job) in FFM sind gleich Null. Wenn sie wieder zurück in den Osten fahren, sind sie Fremde für die eigene Familie. In der Dienststelle meines Kumpels gab es deswegen schon drei Scheidungen.
Kommentar von: Yurun [Besucher]
Zu später/früher Stunde noch lesenderweise in Netz unterwegs, gebe ich hier nun halt noch einen Kommentar ab.
Also ich fand die Wunschvorstellung ja als recht angenehm und kann da nur zustimmen. Der letzte Satz jagte mir dann aber ein stutziges Grinsen ein. Wie soll das denn “auch mal so gedacht” worden sein? Vor allem: von wem? Das klang dann etwas arg nach der kindlichen Vorstellung, die Welt wurde doch ganz sicher nach einem vernünftigen Prinzip erdacht und eingerichtet, nur müsste ich noch etwas klüger und erwachsener werden, um es zu finden … Pustekuchen.
In einer Gesellschaft ist die Rolle der Polizei die des Aufpassers und Durchsetzers gesellschaftlicher Regeln. In einer Gesellschaft die darauf beruht, ihre Mitglieder durch Angst und Gewalt unter Kontrolle zu halten, ist die Polizei dann auch folgerichtig gewalttätig und angsteinflößend. Dementsprechend hat sie auch einen schlechten Ruf und ist eher Feind als Ziel von Wunschvorstellungen. Beispielhaft wären da viele Ostblockstaaten.
In einer korrupten “wer Geld hat sagt an” Gesellschaft ist die Polizei eben korrupt und dient den Interessen jener, die sie bezahlt. Beispiele dafür gibts wie Sand am Meer (insbesondere das Mittelmeer), richtig opulent in Gegenden mit wirklich reichen Schirmherren (legal wie illegal), denen Ort, Region und Staat zu danken haben bzw. die sich diese Dankbarkeit schlicht erkaufen. Einfach mal in nächster Zeit Nachrichten über Mexiko folgen.
In einer vernünftigen und zudem menschlich mitfühlenden Gesellschaft wäre die Polizei dann vielleicht vernünftig und mitfühlend, wenn auch wie eh und jeh auf Regeln des Zusammenlebens und ihrer Einhaltung ausgerichtet, was meines Erachtens übrigens wirklich notwendig ist. Wenn sich die Polizei da verändert sieht man höchsten, worin sich die Gesellschaft eine Generation vorher verändert hat, sowie etwas aktueller welche Methoden in der Gesellschaft akzeptiert sind und daher eben auch zu Polizeimethoden werden. Wobei der Einzelne durchaus mal überrascht werden kann, welcher Grad an Gewalt und Missachtung der Menschenwürde gegen bestimmte Menschengruppen denn tatsächlich gesellschaftlich akzeptiert ist.
Was mich in Deutschland da wundert, nicht unbedingt aktuell sondern über die ganze mir bekannte Geschichte: irgendwie bildet sich der deutsche Michel ein die Polizei sei doch im Grunde ihres und seines Herzens sein Freund. Das ist weit mehr als das eher übliche “du hasst die Polizei, dann rufe doch das nächste Mal wenn du in der Scheiße steckst einen Hippie um Hilfe". Bei uns scheint es mir wird die Polizei da nicht als Staatsmacht verstanden, was sie zweifelsohne ist, sondern als eine Art freundliche Übermacht, welche der Willkür und alltäglichen Dreistigkeit der Menschenschinder die Sturheit schützender Gesetze entgegen hält. Da ist die Polizei dann sozusagen der Garant des letzten Stücks Würde, die dir im Falle des Falles auch dein Vorgesetzter, Arbeitgeber oder deine Kollegen nicht nehmen dürfen, eben weils so im BGB steht (nicht etwa weil Polizisten bessere Menschen sind, so naiv nun auch nicht). Ein bisschen verkehrte Welt, in der man darauf hoffen muss die Polizei beschützt einen vor der Rohheit der Mitmenschen. Das tut sie eben höchstens solange diese Rohheit die Regeln dieser Gesellschaft verletzen und sie bedrohen, also strafwürdig sind. Ist die Rohheit Teil der Regeln dieser Gesellschaft, so beschützt die Polizei nicht denjenigen, der Opfer der Rohheit wird, sondern ihren Urheber. So landen dann eben auch Vergewaltigungsopfer wegen Ehebruch oder Pazifisten wegen Fahnenflucht im Gefängnis.
Zu guter letzt: ich bin froh die Polizei des deutschen Kaiserreichs, welche auch die Polizei der Weimarer Republik war, existiert nicht mehr. Von dem was man bei den Nazis Polizei genannt hat ganz zu schweigen, auch wenn vieles davon in die Bundesrepublik “gerettet” wurde. Ich bin für mich hier in Sachsen froh es gibt keine Vopos mehr, auch wenn ich zu jung bin welche erlebt zu haben. Ich bin froh die Polizei in Westdeutschland wurde mit den Jahrzehnten zusammen mit dem Rest der Gesellschaft weniger spießbürgerlich, auch wenn da noch einiges zu tun ist. Ich bin nicht froh, dass sich wie auch alle anderen Polizisten wohl zunehmend verarscht fühlen und dementsprechend weniger Skrupel haben, die Gesellschaft oder was sie dafür halten nach eigenem Gutdünken zurückzuverarschen.
Ganz einfach: So “gedacht” ist das laut Verfassung. Stichworte “Rechtsstaat” & “Unschuldsvermutung” u.v.m.
Formular wird geladen...
“Ich möchte eine Welt in der ich aus einer Toilette trinken kann, ohne Ausschlag zu bekommen.” :-)