Schienen legen
Meine größte persönliche Niederlage war, dass ich mich an einem Punkt meines Lebens auf die Schienen habe setzen lassen, die bestimmten wie die Menschen in Deutschland idealerweise zusammenzuleben haben und dass ich das zu spät bemerkte. Schienen, die durch gesellschaftliche Bestimmungen und Gesetze aufgebaut wurden und werden und die einem das Leben leicht zu machen scheinen, wenn man ihnen folgt und es holprig und mühsam machen, wenn man versucht, einen anderen Weg zu gehen.
Anfang 2000 war es bei mir so weit, dass ich auf den Schienen fuhr: Verheiratet, zwei Kinder, ich arbeitete Vollzeit, Astrid war hauptsächlich zu Hause - eine typische Einfamilienwohnung mit Garten -, hat sich um die Kinder gekümmert und wir machten 2 Wochen Urlaub im Jahr. Astrid war diejenige, die diese Art zu leben als erste nicht mehr aushielt.
Gerade mal 6 Jahre früher noch fühlte sich das anders an: Ich unterbrach mein Studium für das Kind und Astrid schrieb ihre Diplomarbeit. Dann jobbte ich bei einem Internetprovider und Astrid machte ihr praktisches Jahr. Ich weiss nicht, ob wir groß drüber nachdachten, wie wir unser Zusammenleben organisieren wollten, wahrscheinlich nicht wirklich, denn es lagen ständig direktere Dinge an. Mit der zeit und mit den Notwendigkeiten, die für das Kind anstanden - Kindergarten, Schule - verschwanden die Möglichkeiten, dass wir beide gleichzeitig sowohl unsere berufliche wie auch private Eigenständigkeit und Gleichgestelltheit behalten konnten.
Noch früher waren wir völlig frei in allen unseren Entscheidungen. In der Zeit nach der Schule gab es keine Verpflichtung als der, darauf zu achten dass es dem anderen mit den eigenen Entscheidungen gut geht und halt irgendwie gegenseitig darauf Rücksicht zu nehmen, was der andere tat.
Was war der Grund, aus dem wir unsere Partnerschaft zweier selbstbestimmter Menschen in eine durchstandardisierte Musterehe verwandelten? Es waren offensichtlich die Kinder. Die Kinder sind somit anscheinend der Hebel, mit dem eine Gesellschaft eine politische und kulturelle Ideologie durchsetzen kann: Sie sorgt dafür, dass einige Dinge leicht zu organisieren sind und andere um so schwerer. Kindergarten und Schule zum Beispiel funktionieren in Deutschland auf eine Weise, die ein Elternteil zu hause festsetzen. Der Arbeitsmarkt bevorzugt Männer, erschwert Teilzeit- und Jobsharingregelungen und besonders attraktive Karrierepfade kann man ausschließlich beschreiten, wenn man seine Privatzeit (also auch Zeit mit Kindern) zusätzlich in den Job "investiert". Dazu kommen die Regelungen im Gesundheitswesen und viele weichere gesellschaftliche Mechanismen, die mit dem Rollenverständnis von Frauen und Männern und auch der Beurteilung der Lebensweise zu tun haben. Und schon haben wir eine Matrix in der eine ganz bestimmte, gewünschte, Beziehungsform gut funktioniert und alle anderen nur schwer oder gar nicht. Dass dies alles ein Konstrukt ist sieht man dann, wenn man sich die Matritzen in anderen Ländern ansieht, in denen z.B. die berufliche Gleichstellung einen größeren gesellschaftlichen Wert darstellt als bei uns.
Wie sehr diese Schienen festgelegt sind, wird man nächstes Jahr bei der Volkszählung sehen: Ich gehe davon aus, dass man nur die "Standardbeziehungen" betrachten wird. Es werden jede Menge Menschen in Polybeziehungen, lesbische und schwule Familien, die ganzen Gemeinschaftsprojekte und vieles mehr einfach irgendwie in die zwei Ordungsgruppen ledig und verheiratet/in einer Lebensgemeinschaft (im Sinne von "zwei Personen, wie verheiratet nur ohne Trauschein") eingeteilt werden. Wie falsch das Bild am Ende sein wird erkennt man dann an den Schlagzeilen, die den Rückgang der verheirateten Paare als Untergang des christlichen Abendlandes darstellen werden, denn "nicht verheiratet" ist ja gleichbedeutend mit "ständig wechselnde Partner", Menschen in Polybeziehungen wird ja jetzt schon gerne eine Konsum/Supermarktmentalität unterstellt.
Aber das nur als Exkurs, zurück zum Hebel, also zu den Kindern: Wie dieser Hebel funktioniert kann man momentan an einem neuen Gesetz sehen, das im Prinzip bestimmt, dass ein Kindsvater ein automatisches Sorgerecht erhält. Antje Schrupp hat sich das ganze angesehen und fasst die Auswirkung des geplanten Gesetzes so zusammen:
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bereitet gerade ein Gesetz vor, wonach es auch bei unverheirateten Eltern automatisch ein gemeinsames Sorgerecht geben soll. Frauen, die Mütter werden, ohne mit einem Mann zusammenzuleben, müssten demnach in Zukunft einen Gerichtsbeschluss erwirken, der ihnen das sozusagen „erlaubt“. (...)
und kommt nach dessen genauerer Betrachtung - die zu lesen sich wirklich lohnt - zu folgendem Schluss:
Das neue Gesetzesvorhaben ist letztlich nichts anderes als die Zelebrierung des heterosexuellen Paares als Kern und Keimzelle der Gesellschaft. Und damit ist sie alles andere als „modern“, sondern sehr altbacken. (...)
Das ist, was ich bezeichnen würde als "Schienen legen". Natürlich erkennt man, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich nicht mehr in die zwei bis drei etablierten und gesellschaftlich bevorzugten patriarchalen Beziehungsformen einfügen, mal dahingestellt, mit wie viel echter Absicht das passiert. Und genau denen werden nun Schienen vor die Füße gelegt, die - wieder ein mal über das probate Druckmittel Kind - in die gewünschte Form zurückführen.
Sicherlich gibt es auch gute Gründe für eine Stärkung der Väter, allerdings nimmt man hier eigentlich eine Lösung für einen Extremkonflikt - also eine Situation, in der ein Streit um ein Kind so weit eskaliert ist, dass er z.B. vor einem Gericht entscheiden werden muss - und setzt diese als generelle Norm für alle fest, auch für die, die die Dinge auf ihre eigene Weise regeln möchten. Zufall? Ich glaube nicht. ich denke nicht, dass man darüber - wie man annehmen könnte - einfach nur zu wenig drüber nachdachte. Ich denke viel mehr, dass man hier absichtlich einen Weg sucht, neue Schienen zu legen.
37 Kommentare

Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Wie gesagt, hier geht es mir überhaupt nicht um Konfliktsituationen - in der m.E. gerade der Blickwinkel des Kindes derjenige sein sollte, der geradezu zählen muss - sondern darum, wie generelle Regelungen als Vehikel zur gesellschaftliche Normierung genutzt werden, sogar bis zu dem Punkt, dass man sie wie trojanische Pferde als emanzipatorisch verkauft.
Kommentar von: milhouse [Besucher]

Die bisherige Bevorzugung der Mutter in Sachen Sorgerecht ist für dich also keine “gesellschaftliche Normierung"? Sondern Naturgesetz?

(Entschuldige, ich glaube, ich habe gerade aus Versehen einen unfertigen Kommentar abgeschickt.)
Zunächst einmal finde ich deine Perspektive bereichernd, weil dein Bild der Schienen das Problem so schön plastisch macht. Allerdings glaube ich nicht, dass irgendeine politische Richtung oder irgendein Gesetzt jemals davon freizusprechen wäre, Menschen und Gesellschaften in bestimmte Bahnen zwingen zu wollen. In der angesprochenen Sache teile ich deine Meinung nicht: Das (vormals) vorenthaltene väterliche Sorgerecht für das Kind taugt eher als “Schiene", um Paare zur Ehe zu zwingen bzw. zeigt in Form eine Gesetzes, was politisch erwünscht ist und was nicht.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@milhouse: Ich weiss nicht, über welches Thema Du sprichst bzw. wo Du das herausliest was Du glaubst hier herauszulesen (ich vermute eine Projektion deinerseits, die geht mich nichts an und interessiert mich auch nicht weiter). Dein Thema ist jedenfalls nicht das, um das es hier geht. Bitte einfach weitergehen.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@Hokey: hab ich nicht behauptet, im Gegenteil, ich ewähnte ja extra die Matritzen anderer Länder, in z.B. Frankreich ist man in Sachen Kinderbetreuung für Berufstätige auf einer ganz anderen Schiene.
Kommentar von: milhouse [Besucher]

Ups? War mein Kommentar so unklar?
Meine Frage ist, warum das neue Gesetz eine gesellschaftliche Normierung ist, das alte aber nicht.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Warum sollte das alte keine sein? (bzw. genau genommen gibt es gar kein “altes", aber ich denke, ich weiss was du meinst.)
Kommentar von: Melusine Barby [Besucher]

Teile dieses Textes könnte ich selbst so erzählen. Um dieser Schienen willen habe ich mein Blog “Gleisbauarbeiten” genannt. Weil ich neue Gleise legen will und muss. Wie kommt das, dass man als Paar in dieser Falle landet? Ich versuche das zu erforschen. Die These, dass es das “Kinder-groß-ziehen” sei, kann nur ein Anfang sein, denn spannender ist doch, welche Verpflichtungen, Rollenvorstellungen etc. offenbar sich damit verbinden: “Wie man Kinder ´ordentlich´großzieht.” Deshalb glaube ich auch nicht, dass das Problem allein über Gesetze zu lösen oder zu verschärfen ist. Es ist in seiner Zuspitzung sehr deutsch und es hat mit unsere Geschichte, dem Mutterkult etc. auch viel zu tun.

Oops, lange nicht mehr auf Deiner Seite gewesen. Das neue Kleid gefällt mir.
Spontane Gedanken zur Sache: Bei vielen, die ahnen, dass man ihre Kinder zur Aushebelung der Emanzipation benutzt, führt das mittlerweile zum Verzicht auf die Elternschaft. Eine Gesellschaft, die einmal gewitterte Freiheit durch Zwänge zurücknehmen will, dezimiert sich selbst.
Immerhin sehen wir die Hebel und Schienen schon. Unseren Kindern wird es vielleicht gelingen, ihnen auszuweichen.
Kommentar von: Jens Best [Besucher]

Tatsache ist, dass das deutsche Sorgerecht eine Menschenrechtsverletzung gegenüber unverheirateten Vätern darstellt, da diese aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert werden können.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dies Anfang des Jahres bestätigt und es wird mehr als höchste Zeit, dass dieser Umstand in Deutschland zurecht gerückt wird.
Denn der biologische Vater KANN garnicht seine soziale Rolle ausüben, wenn die Mutter ihm das Sorgerecht verweigert. Die unsäglich halbherzige Lösung des Umgangsrechts ist in ihrer praktischen Umsetzung eine Beleidigung des Herzens, der Seele und des Verstandes eines jeden liebenden Vaters. Ich verweise wir nur auf den Titel in der FAZ, der das Schicksal zehntausender Väter in Deutschland exemplarisch aufzeigt http://bit.ly/dgucWV
Wie in allen anderen EU-Ländern, außer Österreich, muss auch in Deutschland der Vater im Moment der Vaterschaftsanerkennung das Sorgerecht bekommen und die Jugendämter müssen darauf achten, dass die durch biologische Prozesse in den Babyjahren bevorzugte Mutter den Vätern nicht übel mitspielt.
Wenn ein biologischer Vater seiner sozialen Rolle ohne Absprache mit der Mutter nicht gerecht wird, dann ist es das gute Recht der Mutter gegen das Sorgerecht des Vaters Einspruch einzulegen. Genau dies sieht der Entwurf des neuen Gesetzes wohl auch vor. Umgekehrt sollte dies allerdings auch möglich sein.
Vollkommen unabhängig von der himmelsschreienden Ungerechtigkeit, dass aktuell der Vater unterhaltspflichtig ist, aber kein soziales Recht auf gleichberechtigte Erziehung seiner Kinder hat (was für viele der Grund ist nicht zu zahlen, und das ist wohl auch mehr als verständlich) , vollkommen unabhängig davon, ist es ein Armutszeugnis einer Gemeinschaft, wenn es den Vätern aufgrund ihres Geschlechtes die gleichberechtige Sorge um ihre Kindern verweigert, weil bestimmte Mütter keine Lust darauf haben.
Der Egoismus von Frauen führt dazu, dass immer mehr Kinder in diesem Land ohne ihren biologischen Vater aufwachsen. Das Mitleid mit alleinerziehenden Müttern ohne vorherige Überprüfung hinsichtlich ihrer Gesinnungshalten für gemeinschaftliche Fürsorge und Erziehung ist nichts weiter als das Verschliessen der Augen vor Machtmissbrauch durch die Mutter (erste Studien zeigen, dass dies für das langfristige seelische Wohl der Kinder extrem schädigend ist)
Es wird Zeit, dass das Sorgerecht auf eine verfassungskonforme Grundlage gestellt wird, damit die daraus erwachsende Pflicht auch von denen getragen werden kann, die dies wollen.
Eine neue Normierung gesellschaftlich akzeptierter Beziehungsformen kann ich hier nicht erkennen. Und Antje redet in ihrem Artikel im Großen und Ganzen an der gesellschaftlichen Realität vorbei.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

nein, wir reden lediglich über unterschiedliche Dinge. Sorgerechtskonflikte sind - ich werd mir das wohl mal als Gebetsmühle hier einrichten - nicht mein Thema. Daher argumentierst Du hier an der falschen Stelle. Ich interessiere mich nicht für Sorgerechtskonflikte. Mich nerven Leute, die ihre Konflikte auf dem Rücken ihrer Kinder austragen, ob Männer oder Frauen.
Wenn ich dazu überhaupt so etwas wie einen Standpunkt einnehmen soll dann ist es der hier (und über den diskutiere ich auch nicht weiter): Ich glaube nicht an generalisierbare Lösungen. Egal wer da argumentiert, er oder sie will sein oder ihr subjektives Rechtsempfinden als Allgemeingültig erhöhen. Dabei geht es nur um die Durchsetzung von Egoismen und meistwns nicht einmal um das Kind sondern die Befriedigung der persönlichen Eitelkeit oder die möglichst grossflächige Demütigung des oder der Ex. Es geht kaum um die Beilegung eines Konflikts um das Wohl des Kindes Willen sondern um dessen Ausweitung und Fortsetzung. Das ist ein Riesenproblem, aber es ist nicht und wird nicht durch noch so viele Kommentatoren hier das Problem, über das ich geschrieben habe oder über das ich diskutieren werde. Ich habe das Problem nämlich nicht sondern ein anderes.
Wenn man nicht über mein Problem diskutieren will, ist das ja ok. Ich lasse mir aber hier keine Diskussion über Themen anderer aufdrücken, die ignorieren, worum es mir geht.
Kommentar von: Jens Best [Besucher]

Nun ich sehe nicht eine Norm, wenn festgehalten wird, dass beide Elternteile (wie es auch im Grundgesetz seht) die Möglichkeit haben ihr REcht und ihre Pflicht zu Kindeserziehung umzusetzen.
Jeder kann frei entscheiden, ob er seine Kinder in eine sozialistische Dorfgemeinschaft steckt, in der sie von allen erzogen werden. z.B.
Aber Gesetzes werden nunmal gemacht, um gewisse Grundvereinbarungen gesellschaftlich umsetzbar, einklagbar oder gegenfalls ihre Verletzung bestrafbar zu machen.
Ich sehe deinen Punkt, dass viele gesellschaftliche Normen außerhalb des Gesetzesrahmens unerträglich altbacken sind. Es bedarf einer streitbaren und unnachgiebigen Anstrengung meist kleiner Menschengruppen, um eine andere Realität umzusetzen und auch diese Nester des gesellschaftlichen Fortschrittes sind unter ständigem Beschuss.
Aber du beziehst dich in deinem Artikel auf Antje Schrupp, die in feministischer Verkennung der Tatsachen sich in irgendwelchen Ergüssen über die Festschreibung des heterosexuellen Lebenspaares und über mögliche Alleinlebe-Erlaubnisscheine für Frauen auslässt.
Unabhängig von all den notwendigen gesellschaftlichen Weiterentwicklungen für eine freie Gesellschaft, sollte festgehalten werden, dass die Unterdrückung smöglichkeit des Vater durch die Mutter einen Akt der Willkür darstellt, der der Entwicklung des Kindes nicht zuträglich ist.
Es sei an dieser Stelle nur der Artikel von Katrin Hummel “Der entsorgte Vater” erwähnt http://bit.ly/dgucWV - von möglicher Liebe zum Kind kann nicht gesprochen werden, solange die Väter in Deutschland aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden können.
Unabhängig von diesem Grundrecht steht es jeder wie auch immer kombinierten Erziehungsgemeinschaft frei, gemeinsam(!) über die bestmögliche Erziehung des Kindes zu entscheiden.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

> Jeder kann frei entscheiden, ob er seine Kinder in eine sozialistische Dorfgemeinschaft steckt, in der sie von allen erzogen werden.
Jein, kann er nur bedingt. Und es gibt Entscheidungen, die man treffen kann (und oft sehr früh im Leben trifft, wenn man noch wenig über Alternativen nachdenkt, geschweige denn weiss), die einem das Leben zunächst erleichtern weil sie durch die besagten Schienen belohnt/beschleunigt werden und solche, die einem durch eben diese Schienen schwerer gemacht werden.
Deine psersönlichen ideologischen Probleme mit Antje interessieren mich nicht. Ich kann ihren Schlüssen - soweit sie sich auf das beziehen, worüber ich hier schreibe - gut folgen, da sie meinen eigenen Schlüssen, die ich zuvor darlegte und auch aus welchen persönlichen Erfahrungen ich sie zog, stark ähneln.
Was die konkreten Probleme von Vätern in Beziehungsstreitereien angeht (auch dein Link), drehe ich meine Gebetsmühle und winke Dich weiter.
Kommentar von: Jens Best [Besucher]

Wenn ich deine eignenen Schienen oben richtig lese, gibt es mindestens eine, vllt. sogar zwei etablierte Parteien im linken Spektrum, die versuchen, diese “Schienenoffenheit” gesetzlich und aus der Arbeit einer Partei heraus gesellschaftlich zu unterstützen.
Darüberhinaus gibt es sicherlich Wohnbezirke, in denen die behördliche und gesamtgesellschaftliche Spiessigkeit auf ein solch erträgliches Maß gesenkt wurde, dass andere Wege möglich sind. Gleiches gilt für (eine noch zu kleine) Anzahl von Unternehmen oder anderen Arbeitszirkeln.
Dennoch. definiere doch mal deutlich deine postiven Vorstellungen von deinen/euren eigenen Schienen, auf denen du/ihr fahren wollt, dann lässt sich darüber doch viel besser diskutieren. (oder ein link, hab jetzt nicht den ganzen Blog durchgesehen, ob das schon irgendwo aufgelistet/umschrieben ist)

Ich kann durchaus nachvollziehen, wie sehr einen die Kinder in bestimmte Schienen zwingen. Es sind überwiegend die Frauen, die dazu gezwungen werden. Ich sehe es in meiner täglichen Arbeit, wie unflexibel man auf einmal mit Kindern ist. Das muss nicht so sein, es sollte nicht so sein.
Es gibt auch andere Lösungen. Ob die aber angestrebt werden, ist zweifelhaft. Solange man die Verantwortung für Kinder nicht gesamtgesellschaftlich sieht, wird man keine Lösung anstreben. Das kann ich nicht verstehen. Wir alle haben die Aufgabe, für eine zukünftige Gesellschaft zu sorgen. Würden wir das begreifen, würden wir den Müttern ermöglichen, nicht in Schienen zu leben. Wir würden uns um flexible Kinderbetreuung kümmern. Um erstklassige und hochwertige Kinderbetreuung, so dass die Eltern kein schlechtes Gewissen haben müssten, sollten sie diese benötigen.
Ich meiner Arbeit sehe ich tagtäglich die Nöte der Frauen. Eine moderne Gesellschaft aber kann auf Frauen nicht verzichten und sollte es ihnen ermöglichen, beides zu haben, Kinder und Beruf.
Kommentar von: Herr Kaliban [Besucher]

Ist schon klar, was du mit “Schienen legen” meinst. Auch die Herleitung aus Deiner eigenen Biografie ist sehr logisch.
Aber sorry, die Verknüpfung am Ende mit dem Text von Frau Schrupp ist nicht sehr zwingend – der Zwang zur “gemeinsamen Sorge” ist prinzipiell erstmal (wie immer es sich dann in Praxis auswirken mag) im besten Interesse des Kindes und im Gegenteil zur bisherigen Regelung keine Einbahnstraße in die Ehe.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@Jens Best: Ich bin mit meinem sozialen Umfeld inzwischen so weit, dass wir auch gegen den Druck der Schienen, von denen wir uns vor 10 Jahren einfangen haben lassen unser soziales Leben weithin so gestalten, wie es unseren Vorstellungen, Idealen und Bedürfnissen entspricht. Das unterstütze ich durchaus durch die Parteien die ich wähle und die Gestaltung unserer Wohnsituation, aber ich bin auch noch in anderen - evtl vordergründig etwas indirekteren - Themen damit beschäftigt (Commons/Allgemeingüter, direktere Demokratieformen, Ideologielose Verwaltungen, Förderung freier Informationen, Religions-/Kulturthemen). Letztlich geht es mir ja mitnichten um die Durchsetzung einfach eines anderen (also meines) Lebensstils als Norm - dann würde ich dasselbe in Grün tun - sondern darum, einen echten Pluralismus zu ermöglichen. Mein Ziel ist: Jeder soll seinen eigenen Lebensstil mit derselben Freiheit und mit derselben gesellschaftlichen Achtung pflegen dürfen, nicht nur konservative Anhänger der 2-Personenpluskinderfamilie oder wer auch immer grade seine ideologische Schubladen und Schienen auf und unter die Gesellschaft presst.
@Gabi: Ebensowenig wie es mir hier um Vaterschaftskonflikte ging geht es mir um eine Gender-Problematik. Auf den Schienen landen alle: Männer, Frauen und Kinder. Solange man diese gegeneinander ausspielen kann wird sich am generellen Problem nichts ändern. Die von Antje so passend so genannte “Zelebrierung des heterosexuellen Paares als Kern und Keimzelle der Gesellschaft” beinhaltet ja viele Aspekte, die für genau diese eine Gesellschaftsgruppe zugeschnitten geregelt (diese Schienen eben) sind: Erbschaft. Gesundheitswesen. Beruf. Bildung. Kinderbetreuung. You name it. Auch die Frauen, auch die Männer sind lediglich ein Hebel, so wie in diesem einen Beispiel da oben eben die Kinder. Es wird nicht dafür gesorgt, dass jeder Lebensstil unterstützt wird, sondern nur ein einziger. Was ich nicht einmal verlange ist, dass jeder unterstützt wird, mir würde reichen, wenn ich nicht dadurch Nachteile bekomme, weil einer bevorzugt wird.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@Gunnar: Im ersten Moment, ja. Ich habe das erste Mal Ende 2009 darüber gelesen und fand das damals zunächst sogar ganz logisch und ich denke, diese Regelung kann zumindest wenn sie die alte Regel ablöst auch eine Verbesserung bei bestimmten Konfliktsituationen herbeiführen - ich lehne es daher gar nicht so sehr ab wie Du vielleicht glaubst.
Mein Problem damit ist aber, dass das, was nun bei dieser Regelung als Generalschlüssel/Schiene rauskommt, in meine Augen eine viel zu definierte Richtung in das besagte ideologisch gewünschte Lebensbild vorgibt. Ich hätte viel lieber einen ergebnisoffeneren, viel mediatorischeren und somit dem Anspruch nach der Förderung des Kindeswohls gerechteren Ansatz. Einer, der auch bei Polybeziehungen, Patchworkfamilien, gleichgeschlechtlichen Familien, Gemeinschafts-/Kommunenmodellen was hergibt. So erzeugt man doch nur wieder Rechtssicherheit und Vorteile bei den einen und -unsicherheit und Benachteiligungen bei den anderen.

Die Frage, die Giardino am Anfang gestellt hat, um das Thema zu einer allgemeinen Mütter-Demontage auszuweiten ("Ist die biologische Mutter automatisch die beste?"), lädt zu einer historischen Betrachtung der Situation von unverheirateten Müttern ein. Das gab es nämlich alles schon, dass erst mal unterstellt wurde, dass die Mutter nur bedingt geeignet ist, ihr Kind großzuziehen, und sich dann der Staat oder gar die Kirche (Irland) anmaßte, sich einzumischen, jedenfalls wenn die Mütter nicht volljährig waren. Vielleicht mag das ja wer zusammentragen, der / die mehr davon versteht als ich.
Stichwort dazu: Repartriarchalisierung
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@irene: Wie gesagt, ich bevorzuge mediatorische Ansätze und die Akzeptanz von mehr Pluralimus. Die gibts leider nicht in patriarchalen Herrschaftsystemen. Ich hab keine Ahnung, ob es sie in matriarchalen Herrschaftssystemen gäbe, ich nehme aber an, dass auch nicht. Ich denke, dass der Wunsch, eine Gesellschaft immer mehr zu vereinheitlichen statt für Vielfalt zu öffnen, ein geschlechtsunabhängiges Problem ist.

Ich glaube auch nicht daran, dass man pauschal gerechte Regelungen beschließen kann, die allen Familien gerecht werden können.
Ich selbst habe keine Kinder und bin da persönlich nicht involviert. Obwohl, ich bin ja Tante, und Tanten haben nicht mal ein Umgangsrecht. Vielleicht sollte ich den TANTENAUFBRUCH gründen und meine Interessen zum KINDESWOHL erklären: Kinder brauchen Tanten! ;-)
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

hihi, und dann gibts den Backlash von der Onkelistenfront!

(Das Ding da oben muss natürlich Repatriarchalisierung heißen.)

Es gibt so viele Umstände, die ein Leben in Schienen legen können. Eines der stärksten Gründe/Umstände sind Kinder, zumindest habe ich es in meinem Leben so erfahren.
Mein Leben verlief zeitweilig extrem stark in Schienen, nur weil ich das Kind habe, dass ich habe. Weil sich mein Kind nicht selber helfen konnte in dieser Gesellschaft und auf meine Hilfe angewiesen war, weil es niemand anderen gab, der helfen konnte. Dieses jahrelange Schienenfahren war extrem anstrengend, ich selbst habe nicht gelebt, ich wurde gelebt.
Ich glaube nicht, dass die gegenwärtige Gesellschaft/Politik das geringste Interesse daran hat, an der gegenwärtigen Situation etwas zu ändern, es soll nicht sein, dass jeder Lebensstil unterstützt wird.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ja, genau das ist die Erfahrung, die ich beschreibe. Ich denke auch, dass die Unterstützung einer bestimmten Familienmodelles zu diesem fremdbestimmten Leben führt, wenn es nicht das Modell ist, das mit einem selbst kompatibel ist.
Allerdings glaube ich, dass dahinter keine böse Absicht oder ein Interesse/Desinteresse steckt, sondern lediglich soziale und gesellschaftliche Mechanismen - sprich, die Politik ist hier gar nicht gestaltend unterwegs sondern nur, wie so oft, reagierend.
Ich glaube weiterhin, dass man gar nicht unbedingt diese Schienen entlangfahren muss, sondern das stellt sich unerfahrenen Menschen (wie ich es mit 24, als wir das erste kind bekamen, war) nur so dar. Wir haben gar nicht wirklich darüber nachgedacht, wohin die Spurrillen uns lenken. Ich glaube aber, dass wir mit mehr Bewusstsein dafür, was hier passiert, besser hätten planen und viel mehr bei dem bleiben hätten können, wo wir uns wohler gefühlt hätten. ich bin ja auch inzwischen wesentlich näher dort, auch wenn ich an einigen Stellen (z.B. dem Beruf) noch die Schienen spüre. Es geht also, aber eben ohne den Staat sondern mit dem, was man selbst und mit seinem sozialen Umfeld erschafft. Ich habe das Glück, hier Menschen mit sehr viel mehr Erfahrung um mich zu haben als ich habe und die meisten sind dabei wesentlich jünger als ich. Ich kann also beobachten, wie viel sich da dreht, weil wir gemeinsam den Druck der Schienen überlagern können und bin auf lange Sicht sehr optimistisch, denn vieles von dem, was ich heute hilfreiches neben den offiziellen Schienen vorfinde gab es vor 15 Jahren noch nicht oder war nicht so leicht zu entdecken. Allein schon was das Internet an Transparenz und Vernetzungsmöglichkeiten erzeugt hat treibt den Pluralismus, der mir vorschwebt wesentlich schneller voran als eine konservative Gesetzgebung diese aufhalten kann.

@Irene: Mütter-Demontage!? *ächz*
@Jens: Danke erst einmal für deine weiteren Erläuterungen in den Kommentaren. Aus dem eigentlichen Beitrag hatte ich dein Anliegen wohl noch nicht recht entnommen.
Wie sieht ein Modell des Zusammenlebens aus, das deinen Vorstellungen nahe kommt? Inwiefern bist du dem schon näher gekommen, wie du schreibst? (Das interessiert mich wirklich. Falls dir diese Fragen nicht zu persönlich sind.)

Im Ernst, ich finde den Anspruch, dass eine Mutter die Allerbeste sein sollte, reichlich überhöht. Das sind doch doch Heimatfilm-Maßstäbe.

Ich finde, bei der beliebten Frage “Ist die biologische Mutter automatisch die beste?” wird viel zu viel um den heißen Brei herum geredet. Hier hat mal einer konkret gesagt, was er meint:
http://maedchenmannschaft.net/immer-wieder-mutter-vater-kind/#comment-30611
Kommentar von: Kai [Besucher]

@Irene
Hmm, ich zitiere mal aus dem verlinkten Kommentar: “…Um da diese allgemeine Vorstellung von “Gerechtigkeit” durchzusetzen, wäre es vielleicht nötig, dass selbst biologische Mütter erstmal nach der Geburt die Elternschaft beantragen müssten.”
Aber sonst gehts noch? Wo hat er denn dieses Argument her? Von den roten Khmer? Mannmannmannmann….don’t try this with me, mate!
Dabei ist es doch ganz simpel. Jeder Mensch, ausnahmslos, hat Mutter und Vater. Sofern nix anderes dazwischen kommt, sind diese erst mal zuständig für das Kindeswohl. Wenn sich durch unterschiedliche Lebensmodelle (zb homosexuelle Partnerschaften) die Betreuungslage ändert (zB der Vater trat nur als Samenspender auf und hat kein Interesse am Sorgerecht), kann diese ja nachträglich auch gesetzlich geregelt festgehalten werden.
Das Kind wiederum hat gesetzlichen und, aus meiner Sicht auch einen natürlichen (wenn man so will genetisch ererbten), Anspruch auf den Umgang mit seinen leiblichen Eltern. Leiblich! Ob es dieses Recht überhaupt wahrnehmen will oder die Eltern zulassen steht dann auf einem anderen Blatt.
Kommentar von: Gerrit [Besucher]

Vater-Mutter-Kind prinzip ist nicht politisch konstruiert, sondern biologisch!
Auch ist es (ohne genaue Zahlen zu kennen) denke ich zur Zeit die Regel. Und sollte daher auch so behandelt werden, OHNE anderen Formen von Beziehungen/Gemeinschaften die Lebensweisen unnötig zu erschweren, oder sogar auszuschließen.
Es muss nunmal leider geregelt sein, wer Entscheidungen zum Wohle eines Kindes treffen darf.
Was ist falsch daran sich erstmal grundsätzlich an natürlichen biologischen Vorgaben zu orientieren? Das ist ja nicht gleichbedeutend mit Ausschluß anderer Formen.
Was währe denn eine logische Alternative?
Die jetzige Regel benachteiligt den biologischen Vater, der meiner Meinung nach erstmal gleiche Rechte und Pflichten hat wie die Mutter (Siehe http://antjeschrupp.com/2010/08/01/vaterschaft-ist-mehr-als-sex-gehabt-haben/#comment-2613 )
Natürlich könnte auch die Anwesende Hebamme oder Arzt bei der Geburt anwesende Fragen werden den so als Erziehungsberechtigter eingetragen werden soll…
Oder gleich ein Formular von der Fraunärztin bei der Feststellung der Schwangerschaft, wo “die Verhältnisse” dargelegt werden müssen.
aber mal ehrlich… das wollen wir doch alle nicht.
Also wie sollte man allen Formen von Beziehungen/Gemeinschaften gleichzeitig den einfachsten Weg geben, ohne Steitfälle regeln zukönnen?
Um das ganze auf das Schinenbild zu übetragen:
Schienen erleichtern das Vorwärtskommen. Es sollte nur genügend Weichen und Kreuzungen verbaut werden um die Fielfalt der Existenz nicht zu minimieren. Und ganz wichtig sind genügen Bahnhöfe um die Schienen auch verlassen zukönnen.

Vielleicht kommt das Modell zur Kollektivierung des Nachwuchses aus Unterzögersdorf ;-)

Allerdings glaube ich nicht, dass irgendeine politische Richtung oder irgendein Gesetzt jemals davon freizusprechen wäre, Menschen und Gesellschaften in bestimmte Bahnen zwingen zu wollen.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Nein, das sicher nicht. Die politischen Extreme sind: Darauf hinzuarbeiten, dass es für Alternativen Raum gibt oder einen solchen Raum zu verhindern. Was man ausserhalb der Politik tun kann ist, sich zu vernetzen und versuchen, fehlende alternative Strukturen zu etablieren und die Räume “von unten” zu schaffen.
Kommentar von: Schwub [Besucher]

Also, beim besten Willen erschließt sich bei mir nicht der Gedanke, dass die Entscheidung, beiden Elternteilen die gleichen Rechte und Pflichten zu ermöglichen, diese in eine bestimmte Beziehungsform zwängen wird.
Dieses Gesetz schafft gleiche Voraussetzungen für Männlein und Weiblein.
Die Beziehungsform der Elternteile wird davon in keinster Weise beeinflusst.
Was, wenn der gesch. Vater einen männl. Partner hätte? Wie groß wären wohl seine Chancen auf gemeinsame Obsorge, müsste er dies erst beantragen?

Sehr Interessante Ansichten,aber ich denke die stärkung der Väter ist schon in Ordnung,es währe schlecht wens einen selber erwischt,sone Regelung ist doch nicht schlecht.
Kommentar von: van [Besucher]

hier stehen jetzt ein haufen kommentare, die ich mir noch nicht durchgelesen habe.. nur überflogen.. sorry..
meine 5 ct:
ich bin heilfroh, dass es dieses gesetz vor 16 jahren in der form noch nicht gab - ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie mein leben dann verlaufen wäre.. einzig und allein weil jemand seine gesetzliche macht hätte ausnutzen können, um irgendwelchen rachegefühlen freien lauf zu lassen..
Formular wird geladen...
Dass die Perspektive des Kinds sowohl in deinem als auch Antje Schrupps Beitrag nicht ein einziges Mal eingenommen wird, macht mich stutzig. Die Möwe arbeitet in der stationären Jugendhilfe, wo sie mit vielen Waisen, Pflege- oder adoptierten Kindern zu tun hat. Seine eigene biologische Herkunft zu kennen inklusive der damit verbundenen Kultur(en) der Eltern, der grundsätzliche Wunsch, eine Beziehung zu beiden biologischen Eltern herzustellen, seine Wurzeln zu verstehen (auch, um sie später dann ggf. bewusst ablehnen zu können), diese Wünsche kommen immer wieder durch. Auch wenn sie inzwischen bei anderen Eltern leben, egal welchen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts, und egal ob sie das gerne tun oder nicht. In diesem Punkt modern-aufklärerisch die biologische Herkunft beiseite zu wischen, wird den Kindern nicht gerecht.
Was mich außerdem grundsätzlich stört, ist die Einseitigkeit des Standpunkts: Die Mütter haben standardmäßig das alleinige Sorgerecht, weil sie nun mal biologische Mütter sind, die Väter aber sollen es nicht haben, weil sie nun mal “nur” die biologischen Väter sind? Diese Logik erschließt sich mir nicht.
Was an der bisherigen Regelung, wonach man als Vater automatisch nur dann das Recht hatte, den Lebensweg seines Kindes in wichtigen Fragen mitbestimmen zu können, wenn man in einer Ehe mit der Mutter war, was daran war progressiv im Sinne alternativer Formen des Zusammenlebens? Wie hat die bisherige Regelung unterstützt, dass z. B. auch Väter sich alleine (oder in einer Lebensform ihrer Vorstellung) um das Kind kümmern konnten? Ist die biologische Mutter automatisch die beste?
Aber schauen wir kurz die neue Regelung an: Was bedeutet denn Sorgerecht für einen vom Kind getrennten Vater praktisch? Das Recht, Umgang zu bestimmen, Schullaufbahn, medizinische Entscheidungen, etc. Wenn sich ein Vater nicht dafür interessiert, wird die Mutter kein Problem haben, wenn er noch das Sorgerecht besitzt, denn es bedingt aktive Teilhabe. Wenn er sich aber für das Kind interessiert, dann ist es gerade auch im Interesse des Kindes, dass er das nicht erst gerichtlich durchsetzen muss.
(Wen es interessiert, wie es Vätern gesundheitlich und beruflich ergeht, wenn sie mütterlicherseits zu reinen Zahlvätern degradiert werden, dem empfehle ich das Buch “Scheidungsväter” von G. Amendt.)
Bislang wurde das Sorgerecht zu oft als Waffe gegen den Vater eingesetzt; daher begrüße ich den neuen Ansatz. Und grundsätzlich sehe ich nicht, wieso er neue Formen des Zusammenlebens stärker behindern sollte als die alte Regelung - vorausgesetzt, man beharrt nicht auf der zutiefst konservativen Haltung, dass letztlich nur eine biologische Mutter wüsste, was am besten für das Kind sei.