Digitaler Radiergummi
ist ein Begriff, den wir wahrscheinlich in nächster Zeit öfter hören werden. Es ist - selbstverständlich - eine Luftblase. Es entspringt dem wunderlichen Wortschatz der politischen Wunschwelt. Das lustige Paralleluniversum, in dem die Welt flach ist und das Internet somit mit Bleistift auf Papier veröffentlicht wird oder wahlweise auch mal durch eine Ansammlung von Röhren fließt - jedenfalls irgendwie mechanisch funktioniert. Man kennt das von Kindern, die Abstraktes verdinglichen, um sie als etwas anfassbares begreifen zu können (oder auch: Gott ist ein alter Mann mit Bart).
Frau Aigner nun hat diesen "digitalen Radiergummi" heute in einem Interview mit der SZ mal etwas genauer beschrieben:
Deutsche Informatiker haben mittlerweile eine Art digitalen Radiergummi entwickelt: ein System, mit dem jeder seine Dateien und Bilder mit einem Verfallsdatum versehen kann, bevor er sie ins Internet stellt. Nach Ablauf dieser Frist kann die Datei nicht mehr aufgerufen werden. Wenn es funktioniert, käme das einem Radiergummi doch sehr nahe und ließe sich auch weltweit verkaufen. Ich freue mich, dass der Erfinder Michael Backes, Professor für Informationssicherheit und Kryptographie der Universität des Saarlandes, die Technologie bei einer Fachkonferenz meines Ministeriums am 11. Januar in Berlin vorstellen wird. (...)
Und man merkt sofort: Sie spricht anscheinend von DRM bzw. einer sehr naiven Vorstellung davon. Das gibt es natürlich schon sehr lange, funktioniert aber nur in in sich abgeschlossenen, zentralisierten und für den Endnutzer nur als passiver Konsument zugänglichen Systemen (siehe HD+). Im von Frau Aigner beschriebenen Umfeld, also für Dateien und Daten, die von Endnutzern ins Internet gestellt werden, kann und konnte DRM aber nie funktionieren. Die Diskussionen darüber, warum DRM scheitern musste sind allerdings schon vor Jahren zur Genüge geführt worden und gingen an den Politikern offenbar spurlos vorbei.
Immerhin ist Frau Aigner nun aber zumindest schon im richtigen Jahrtausend angekommen.
(Und wer wissen will, worüber sie da im Speziellen redet: Das erklärt Kristian hier mal eben.)
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