Bodenhaftung (Januarupdate)
Januar und Februar ist eigentlich die Zeit, in der alles anstrengend ist. Man muss sich viel zu viel anziehen, bevor man das Haus verlässt und selbst dann ist es oft noch ungemütlich. Es ist morgens zu lange dunkel, um aufzustehen, tagsüber zu grau, um wach zu werden und abends zu schnell wieder Nacht, um lange wach zu bleiben. Inspiration gibt es wenig, vor allem weil man es gerade so schafft, die täglichen Kleinigkeiten auf die Reihe zu bekommen.
So weit, so normal. Was dieses Jahr anders ist sind die Umstände, in denen ich mich wiederfinde.
Da ist zum einen diese völlig überdrehte Stimmung zur sogenannten "Flüchtlingskrise": Jede Menge Menschen erscheinen mir gerade in eine Massenpsychose zu verfallen. Da gibt es eine Scheinrealität, in der Massen von Ausländern über die armen Bürger herfallen und ihr Leben total umkrempeln. Natürlich ist nichts davon passiert. Niemand muss deswegen mehr Steuern zahlen, niemand muss deswegen irgendwas teilen, niemand verliert deswegen seinen Job. Niemand muss irgendetwas an seinem Leben ändern. Die ganze Flüchtlingssituation ist in Wahrheit überhaupt kein Problem, das einen deutschen Mitbürger kümmern muss, wenn er nicht will. Man hat eine riesige Angst vor einem aufgeblasenen Popanz und zu viele Menschen hier rennen sofort den Rattenfängern hinterher, deren "Lösungen" zwar nicht funktionieren, sich aber wohl in den Ohren verängstigter Bürger gut anhören. Daher habe ich tatsächlich Sorge, was wohl passieren mag, wenn in Deutschland tatsächlich mal irgendwas passiert, das uns alle betrifft, wenn schon ein boulevardmedial aufgeplusterter Wolpertinger die Leute in Scharen rechtsextrem werden lässt.
Im Gegensatz dazu ist meine eigene Situation mit vielen sehr realen Veränderungen ausgefüllt: Ich bin seit 1. Januar selbständig. Ich eiere noch ziemlich herum, was die ganzen Finanzsachen angeht, aber hoffe da, dass meine Steuerberaterin mir früh genug sagt, was wann zu tun ist. Aber ich habe die ersten Freelancerjobs hinter mir und die haben Spaß gemacht. Ich konnte auch schon direkt die Dinge spüren, die ich mir davon erhofft habe: Zum Beispiel so flexibel zu sein, dass ich einfach mal mitten in der Woche und mitten am Tag ins Kino gehen kann um mir die Pressevorführung von Deadpool anzusehen oder einen erneuten Umzug in die Wege zu leiten. Ich bemerke aber auch direkt schon die Dinge, die eventuell schwierig werden können, wie zum Beispiel dass wenn ein Projekt ins Stocken gerät, die Einsatzzeit sehr plötzlich schneller endet als geplant. Ich lerne: Dafür muss ich dann eben vorsorgen, um nicht in Panik zu geraten. Wie ich auch überhaupt noch schwimme in dem ganzen "Ich werde jetzt selbständig"-Prozess. Irgendwelche Anträge brauchen ständig doch noch irgendwelche Bescheinigungen und im Hinterkopf lauert immer der Verdacht, dass ich was wichtiges übersehe, weil ich mich noch nicht gut genug auskenne.
Dennoch: Insgesamt erscheint mir alles machbar und meine Idee ist ja nicht, irrsinnig viel Geld zu verdienen sondern mehr Zeit zu haben. Dass ich da erstens im Jahresbeginn generell aus Anfangs genannten Gründen, zweitens mit der manischen Hühnerhaufenmentalität da draußen und drittens mit den Anfangsunsicherheiten bei mir drinnen erst mal noch nicht mit lautem "Jippie!" durch die Gegend springe ist zwar ein bisschen Schade, aber ich glaube, dass momentan Bodenhaftung wichtiger ist als Begeisterung.
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