Im Spiegel
Im Spiegel dieser Woche, also der Ausgabe Nummer 16 vom 14. April 2014, gibt es auf Seite 114 ein kleines Interview mit mir. Es geht um den Twitter-Account @tweetsvonwagner, den ich aus einer Laune heraus irgendwann im letzten Dezember begonnen habe und in dem ich versuche, Sprache und Duktus von Franz-Josef Wagner - dem Bild-"Chefkolumnisten" - in Twitter zu übertragen. Das funktionierte anscheinend so gut, dass dem Account über 1500 Follower folgen. Der Größteil davon sind Journalisten und Medienleute.
Was mich an Wagner und seiner Art auf eine Art fasziniert wie ein Unfall, bei dem man nicht wegschauen kann sind seine Formulierungen und die Art wie er eigentlich alles falsch macht, was man falsch machen kann. Nicht nur grammatikalisch, das ist tatsächlich das kleinste Problem. Halbe Sätze kann man machen. Oder viertel Sätze. Oder mehrere Sätze hintereinander, die nur aus einem Wort bestehen. Assoziationen. Beispielsweise.
Spannend finde ich - und das ergänze ich hier mal, weil es dieser Teil des Interviews nicht ins Endergebnis geschafft hat - wie er sich in seinem Schreibfluss grundsätzlich verfährt. Zum Beispiel beginnt er seine "Briefe" immer mit einer persönlichen Anrede, aber die hält er gerade mal einen Absatz lang durch. Danach schreibt er den Brief nicht mehr an den Empfänger sondern an den Leser der Kolumne. Er verliert den Adressaten, aber auch sich als Autoren. Oft wird aus dem "ich" ein "wir" oder ein "man". Letzteres spätestens dann, wenn er seinen Adressaten beleidigt - Boris Becker kann ein Lied davon singen.
Ich wurde auch gefragt, ob das vielleicht sogar eine Art Kunst sei, was ich verneinte. Ich glaube nicht, dass Wagner sich seinen Stil so ausgedacht hat. Klar ist er inzwischen "stilsicher", aber Kunst würde bedeuten, dass da viel Konzeptarbeit drinsteckt. Die sehe ich aber nicht. Ich denke, dass das mehr oder weniger aus Versehen entstanden ist. Die logischen Fehler, die Art und Weise wie er sein altbackenes Weltbild unterbringt, die oft böse in vordergründigem, aber erkennbar geheucheltem Verständnis verpackten Anfeindungen sind nicht Teil eines wohlüberlegten Gesamtkonzeptes. Diese Eigenarten immer wieder herauszuarbeiten und in den einzelnen Tweets in den Vordergrund zu schieben, dann die Leser zur Kolumne zu schicken wo sie verwundert bemerken, wie bescheuert, absurd, bösartig oder hinterhältig die tatsächlich geschrieben sind, darum geht es mir und ich freue mich über die Reaktionen, wenn es mir gut gelungen ist.
Die Frage ob ich ihn denn kenne habe ich auch verneint. Ich interessiere mich tatsächlich auch gar nicht für ihn als Privatmensch und ich hoffe, dass die Art und Weise wie ich den Account nutze und Wagner darstelle auch deutlich macht, dass es sich hier um eine Parodie der öffentlichen Person geht. Daher habe ich kein aktuelles Foto genutzt sondern das offizielle uralte Konterfei aus der Kolumnenseite. Ich bleibe hart am Kolumnenstil, selbst bei direkten Antworten. Und ich ignoriere viele "Zuschriften", da ich der Meinung bin, dass die Figur Wagner sich nicht mit ihnen befassen würde. Es sei denn es sind Promis. Denen antwortet er natürlich schon mal.
Was nicht gefragt wurde ist, wie lange ich denn das noch machen will. Das wüßte ich auch gar nicht zu beantworten. Im Moment macht es Spaß und so lange es Spaß macht werde ich den Account noch weiterbetreiben. Das können Monate, Wochen oder nur Tage sein. Keine Ahnung. Bratwurst.
Herzlichst,
PS: Für alle neuen Leser ein Disclaimer. Das ist weder der erste Satireaccount den ich (mit)betreibe noch das erste mal, dass ich Schabernack im Internet treibe und auch nicht das erste mal, dass ich im Spiegel bin.
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