Der nächste Hype, bei dem ich nicht mitgehe ist der von der verführten Tiktok-Jugend
Als in den Neunzigern die Gewaltwelle gegen Immigrant*innen am höchsten war, gabs wie heute auch Diskussionen darüber, dass "die Jugend" von sozialen Medien verführt werde - nur dass die Plattform nicht Tiktok sondern der Schulhof war und Medien rechte Musik CDs und Pamphlete. Natürlich war das damals wie heute Unsinn, weil man einen Effekt zur Ursache erklärt.
Damals wie heute sind es Politiker und die ganz normalen Medien, die das Thema aufheizen und immer mehr Benzin ins Feuer gießen. Die paar Lagerfeuer unter Jugendlichen sind mit dem Großbrand, den Politik und Medien veranstalten, gar nicht vergleichbar. Das ist wie wenn die Ölindustrie sagt "Achtung! Kerzen verursachen CO2!"
Damals wie heute werden Jugendliche als weiche, verführbare Knethirne beschrieben: Die Rechten beherrschen die Schulhöfe und nutzen die Medien, die Jugendliche anspricht. Wir erreichen die nicht mehr, daher werden die jetzt unweigerlich gehirngewaschen und rennen morgen in HJ-Klamotten rum.
Damals wie heute ist aber das, was Jugendliche in ihrer Welt sehen ein Abbild der Welt um ihre herum. Warum sollten Rechte ausgerechnet in der Jugendwelt weniger narrativbestimmend sein als überall anders? Die Schulhofthemen änderten sich in den Neunzigern prompt, sobald sich die Themen in der Welt wieder änderten.
Jugendliche sind nämlich gar nicht so anders als wir. Sie reagieren auf die Themen, mit denen sie bombardiert werden auf dieselbe Weise wie wir. Sie nehmen Relevanz genauso wahr wie wir und Migrantenhass ist derzeit nun mal - wie 1993 - im Mainstream. Alle Politiker und alle Medien reden derzeit über nichts anderes.
Daher: Wenn wir nicht wollen, dass Jugendliche rechter Propaganda ausgesetzt sind, müssen wir aufhören, ebendiese Propaganda in allen Medien und politischen Machtkämpfen und informationsbestimmenden Kanälen zu reproduzieren und zu bedienen.
Dann hört das nämlich bei denen auch wieder auf.
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