Hat ein Big Data Psychogramm Trump wirklich den Sieg gebracht?
Alle teilen wie wild diesen Artikel über diese super Profiling-Methode. Vor allem Leute, von denen ich denke, sie müssten es eigentlich besser wissen, aber nein: irgendwas mit Big Data, wissenschaftlichem Geruch ein bisschen Verschwörung und dem Wunsch, dass es vielleicht doch einen elaborierten Plan oder ein Mastermind hinter Trumps Sieg oder dem Erfolg der Brexit-Kampagne gibt, scheint kurzsichtig zu machen.
Seis drum. Da nun also dieser Artikel dennoch gerade wie (Anti-)Werbung für Social Profiling rumgeht, möchte ich ein bisschen mäßigend drauf eingehen: Profil-Modelle dieser Art sind nicht neu - aus der Psychometrie kommt quasi jedes Jahr ein neues populärwissenschaftlich vereinfachtes Modell, das vor allem Führungskräftetrainer nutzen, um ihren Klienten ein paar nicht allzu tiefgehende Selbsterkenntnisse zu ermöglichen - noch ist die Erkenntnis neu, dass Menschen mit festem Konsum- und Weltbild leicht zu aktivieren sind, sei es zum Kauf von Produkten oder zur Wahl eines Kandidaten (ist ja fast das selbe).
Auch bekannt ist, dass Facebook als Verstärker der eigenen Meinung fungiert, weil die Profilalgorithmen - darauf aus, die Facebook-Erfahrung möglichst angenehm, also selbstbestätigend zu gestalten - eine Echokammer herstellen können. Allerdings geht auch das wieder nur bei Personen, deren Weltbild gefestigt ist. Die anderen wundern sich weiterhin, warum die getargetete Werbung so gar nicht passt.
Was also schon mal eine wichtige Einschränkung ist, wenn man über Psychometrie-Modelle Profile erstellt und diese über Facebook zu einem Kauf oder einer Handlung bringen will: Aktivieren kann ich nur, wofür die Bereitschaft schon da ist. Ich erreiche nicht, dass sich die Meinung ändert.
Was hat die Brexit-Kampagne und Trumps Wahlkampfkampagne also wirklich anders gemacht als andere? Letztendlich doch nur, dass man die Erkenntnis aus der Verhaltensforschung, dass es besser ist, Stärken zu fördern statt zu versuchen, Schwächen zu verbessern (das man zB auch aus der Mitarbeiterntwicklung kennt), konsequent für Wahlaktivierung angewendet hat und exakt und ausschließlich auf die eigene ideologische Zielgruppe zielte. Dann brauchte man nämlich in seiner Kommunikation keinerlei Zurückhaltung mehr üben, um zu verhindern, diejenigen zu verprellen, die mein "Produkt" eh nicht wählen.
Das ist der eigentliche - und der wichtige - Trick hier, denn er immunisiert das, was ich sage, erfolgreich gegen Kritik - weshalb Trump mit jeder noch so wilden Aussage, mit Affronts, platten Lügen und schlichten Wiederholungen derselben unbeschadet durch den Wahlkampf kam.
Das war nicht etwa ein besonders ausgeklügeltes Scoring-Modell. Wenn es um derart klar definierte Zielgruppen geht, brauche ich doch keine ultrakomplexen Profile. Das heißt, also: Ja klar ist das hilfreich, die Zielgruppen targeten zu können, aber die Methoden um die richtige Zielgruppe zu adressieren ist bei Menschen mit festem Weltbild nicht schwer, dafür brauch ich keine komplexen neuen Erkenntnisse.
Interessant wäre es erst dann, wenn ich volatile Profile besser einschätzen können müsste: Zum Beispiel, wenn ich herausfände, unter welchen Umständen ein unentschlossener Mensch einen Entschluss fasst und genau diesen Moment treffen könnte. Das ist aber mit statischen Daten nicht möglich und dass ich ihn dann auch noch ausgerechnet in die Richtung nudge, in die ich ihn gerne hätte, ist noch mal unwahrscheinlicher. Maximal könnte ich ihn dazu bringen, dass er eine Entscheidung trifft statt nichts zu tun, aber ob die für oder gegen meine Intention ausfällt, ist wahrscheinlich reiner Zufall. Außerdem bin ich dann an einem Punkt, an dem ich so individuell reagieren müsste, dass ich den dazugehörige Content gar nicht zur Verfügung hätte.
Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie religiös mathematikhörige Idee, dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte? Selbst auf dem Finanzmarkt, der viel mathematischer und in weniger Dimensionen funktioniert hat man bewiesen, dass eine egal mit wie vielen Daten unterfütterte Vorhersage kein bisschen genauer ist, als eine Vorhersage, die auf reinen Zufallszahlen basiert. Man braucht ein magisches Weltbild, um an eine Formel zu glauben, die mathematisch das Wort errechnet, das man einem Menschen sagen muss, damit er plötzlich und willenlos seine Meinung ändert. Viele B-Movies der Fünfziger leben von diesem Gedanken, denn man glaubte schon mal daran, dass eine extreme politische Idee irgendwelche Zauberkräfte hatte, die Menschen zu willenlosen Anhängern macht. Damals wars der Kommunismus.
In einer Diskussion auf Facebook tauchte die Frage auf, ob auch Gruppen mit volatilen Profilen auf eine Handlung wie "wählen gehen" motiviert oder demotiviert werden können. Ja, sicher. Das ist aber nicht, was die gemacht haben bei der Brexit- und der Trump-Kampagne. Das was volatile Menschen an Kommunikation brauchen, ist halt die klassische politische Überzeugungsarbeit - das mit Argumenten und Versprechen und Diskussionen - , da komm ich nicht mit plattem Marketing und Claims an. Das Problem dabei ist außerdem, es dauert lange, ist aufwändig, sehr teuer und es erreicht dennoch immer nur den einen Menschen, den man vielleicht am Ende überzeugt hat. Diese Arbeit haben die sich nicht gemacht.
Wenn ich mich auf die Verstärker meiner Botschaft konzentriere, mit der ständigen Wiederholung von "Make America great again" und "Build a wall!" und "Drain the swamp!" auf einen Streich Millionen erreiche und aktiviere, dann sorgen diese Leute für eine enorme zusätzliche Reichweite und Lautstärke. Übrigens: Was bisher noch niemand erklärt hat, warum diese Lautstärke wichtig ist, denn sie motiviert und bestärkt nicht nur die Gleichgesinnten sondern demotiviert auch die Gegner. Das ist so einfach wie effektiv. Und wie gesagt, um diese Zielgruppe zu finden, brauche ich keine teuren Big Data Auswertungen mit irgendwelchen geheimen Algorithmen. Da reichen die einfachsten gemeinsamen Nenner, denn das sind die mit dem gefestigten Weltbild, bei denen Werbung und Targeting schon immer funktioniert hat. Die kennen wir, ganz ohne Profil-Modelle.
Was Trump und die Brexiter gemacht haben war, wie gesagt, mit der Kommunikation auf bereits Überzeugte zu zielen, weil man die ja nicht mehr mit Inhalten überzeugen muss sie so emotional und einfach wie möglich zu formulieren, um sie von ihrem Publikum extrem lautstark verbreitet zu bekommen, was dazu führt dass die Botschaft alles übertönt und gegen Kritik immunisiert. Und die Botschaft hat keinen Inhalt sondern eine Funktion: Aktivierung. Brexit wählen! Trump wählen! Dazu brauche ich keine Psycho-Algorithmen.
Die sind einfach wieder nur die Berater-Astrologie, um den hohen Preis zu rechtfertigen.
Siehe auch:
PREPARING FOR THE CAMPAIGN TECH BULLSHIT SEASON
In D.C., Cambridge Analytica Not Exactly Toast of the Town
Hat wirklich der große Big-Data-Zauber Trump zum Präsidenten gemacht?
RETROSPECTIVE WISHCASTING
Logbuch Netzpolitik (ab ca 60min)
We Know Kung Fu 06: Das Wahlkampf-Bömbchen
P.S.: Nur zur Klärung, falls das anders rüberkommt. Ich schreibe hier nicht darüber, dass Targeting in Werbung nicht funktioniert. Das tut sie durchaus und ist auch ein wichtiges Werkzeug für sowohl Trumps als auch der Brexit-Kampagne, denn die wollten ja ihre Zielgruppen erreichen und haben das auch geschafft. Man hätte diese Kommunikationsstrategie gar nicht so erfolgreich fahren können, gäbe es die Möglichkeit nicht, Zielgruppen für Social Ads gezielt anzusteuern. Es ist aber nicht schwer, die zu finden, dafür brauch ich keine Scoring-Modelle, die am Ende auch noch zur Ursache des Erfolgs hochgeschrieben werden.
39 Kommentare
Kommentar von: August [Besucher]

Kommentar von: Kitty Koma [Besucher]

Unterlegene glauben sehr gern an Verschwörungstheorien.
“Da war jemand viel mächtiger als wir und hatte die Supermanipulationmaschine, die wir nicht hatten.”
Es ist besser, einen Mechanismus zu erkennen, in dem Fall kein magischer, wir sind ja alle gebildet, statt sich das Versagen einzugestehen.)
Das erinnert mich ein bisschen an die nachts über der jungen DDR von amerikanischen Flugzeugen abgeworfenen Kartoffelkäfer.
Kommentar von: Angelo Di Angelis [Besucher]

Aus wissenschaftlicher Sicht ist diese Kritik schon sehr dürftig fundiert. Reine Verneinung der ursprünglichen Aussagen sind per se wenig überzeugend. Auch die Side Note bezüglich den Finanzmärkten ist nicht korrekt und veraltet, Stichwort CTAs. Es entsteht der Eindruck , dass die Entwicklungen anderer gerne klein geredet werden und eine gewisse Missgunst vorhanden ist. Eine deutlich fundiertere Version eines solchen Artikels wäre wünschenswert und eventuell spannend.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ich weiß nicht, was Du in einem persönlichen Blog-Eintrag erwartest, natürlich ist das hier nur ein weitgehend subjektiver Kommentar zu dem Artikel.
Allerdings verneine ich die Erkenntnisse von Psychometrie überhaupt nicht, ich sage lediglich, dass sie für den Erfolg von Trump keine Rolle spielen, weil die Kommunikationsstrategie gar nicht auf diese Erkenntnisse angewiesen war. Sprich: Die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Profil-Scores ist gar nicht mein Thema, daher findest Du darüber auch nur so viel, wie nötig ist, um meinen eigentlichen Punkt zu erläutern.
Und vielleicht auch ein bisschen Polemik über halbseidene Berater, die es gerade ganz gut schaffen, PR aus ihrem kleinen Businessmodell herauszuschlagen.
Kommentar von: Heinz Riegler [Besucher]

Wenn ich mich als Leser mit einer Thematik auseinandersetzten will dann brauch ich Fakten und Analyse eingepackt in einen Text der auf Polemik verzichtet. Wenn Sie also mit “Alle teilen wie wild diesen Artikel….” anfangen und …."Dazu brauche ich keine Psycho-Algorithmen… ” enden, dann stellt sich reflexartig die Frage ob ich auf ihre gebrachten Argumente eingehen will und in weitere Folge den Artikel ein zweites mal lesen mag oder nicht? Ist wahrscheinlich eine Frage von Stil und literarischer Ästhetik aber meine Antwort darauf dürfte klar sein.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Wie gesagt, das ist hier nur mein persönliches Blog in das ich lediglich meine aktuellen persönlichen Gedanken reintippe und nicht die FAZ, wo ich so eine allgemeine und durchrecherchierte Einordnung erwarten würde. Ich beobachte die Geschichte natürlich weiter und es kann durchaus sein, dass ich meine Meinung noch ändere oder erweitere, je nach dem, was da noch substantielles kommt - denn bisher gibt es da m.E. noch nicht viel - ich sehe mich jedenfalls nicht in der Verantwortung, deren unbelegten Behauptungen zu beweisen, das müssten die ja machen.
Kommentar von: Jörg [Besucher]

Ein paar wesentliche Unterschiede zu bisherigen Anwendungsversuchen von Social
Profiling und entsprechendem Targeting, meine ich schon ausmachen zu können.
Wie bereits der Beitrag von Kosinski erwähnt, kann inzwischen mit einer ganz anderen
Größenordnung der zu Verfügung stehenden Profildaten gearbeitet werden und die ge-
sammelten Erfahrung haben ein Qualitätsniveau erreicht, dass es vor ein paar Jahren
einfach noch nicht gab (Qualität). Darüber hinaus hat auch die Intensität der versuchten
Einflussnahme zugenommen (Quantität). Qualität und Quantität des Targetings unter-
scheiden sich also von älteren Versuchen.
Und hier kommt die Algorithmik ins Spiel. Die Ocean-Methode und andere Modelle zur
sozialen Profilbildung existieren schon viele Jahre. Analyse und Synthese waren jedoch
lange Zeit kaum automatisiert. Beide, quantitative und qualitative Zunahme der Einfluß-
nahme, von der ich vorstehend sprach, sind Folge einer besseren Algorithmik. Insofern
gibt es also schon Unterschiede. Ob diese wahlentscheidend sind oder nicht, führt
einen jedoch in die Glaubenssphären.
Dankbar ist Jens Hinweis, dass es um die Aktivierung vorhandener Potentiale ging und
dass einer Veränderung von Ansichten immer nur (noch?) der klassische Weg bleibt.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Die mir wichtigen Punkte sind, dass
1. damit der von CA behauptete Zaubertrick funktioniert, der Mensch als eine einfache maschinelle Cause-and-Effect Maschine funktioniert. Aber das tut er nicht. Selbst wenn ich die besten Laborbedingungen hätte und die Umwelt ausschalte, wird sein Verhalten nicht von mir gesteuert werden können. Wie gesagt: Ich kann nur aktivieren, wofür die Bereitschaft schon besteht.
2. Weshalb ich den Artikel geschrieben habe war, weil ich aufzeigen will, dass CAs Behauptung, sie hätten ein Wahlergebnis herbeigeführt, nicht stimmt. Was den Erfolg gebracht hat war die extreme Zuspitzung der Kommunikation. Nicht ein ausgefeiltes Targeting. Und natürlich war das eine massive Manipulation von Menschen und Medien und wenn man sich also überlegen will, wie man manipulativer Kommunikation entgegenwirken will, muss man sich _diese_ Mechanismen ansehen und sich nicht von der PR eines Big Data Analysten auf der Suche nach dem nächsten Kunden für sein Schlangenöl beeindrucken lassen.
Kommentar von: Räuber Hotzenplotz [Besucher]

@Jens: Es geht aber gar nicht um “dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte?". Es geht darum Dein Wertesystem gerade so viel zu verschieben, dass Du kein Problem mehr darstellst. Jeder ist sein innerer BWL’ler der ‘ne Rechnung aufmacht, ob er dies oder jenes tun oder besser lassen sollte. Du brauchst nur mal zusehen wie die größten Autonomen zum braven Mann, Papi, Bausparer werden. ‘Ne Menge Leute wirst Du mit der richtigen Motivation und personalisierten Rationalisierung auch zum Mörder werden lassen und den Rest dazu bringen können hierbei wegzuschauen.
Kommentar von: David Bopp [Besucher]

Natürlich sind die beschriebenen Techniken kein Quantensprung und man braucht darin auch keine Verschwörung zu sehen. Personalisierte Werbung gibt es schon länger.
Trotzdem ist das im Artikel beschriebene Thema relevant. Wir müssen uns als Gesellschaft Gedanken darüber machen, was es bedeutet wenn die Wähler mit personalisierter Werbung bespielen werden. Man kann ungestraft mit Lügen Werbung machen. Die technische Finesse der Wahlkampfführung wird neben den inhaltlichen Ideen immer wichtiger. Wollen wir das? Wie gehen wir damit um?
Kommentar von: Micha Freitag [Besucher]

Lieber Jens Scholz,
wenn man sich auf diese Aussage, Zitat: “Ich weiß nicht, was Du in einem persönlichen Blog-Eintrag erwartest, natürlich ist das hier nur ein weitgehend subjektiver Kommentar zu dem Artikel.” einigt, geht der Rest wirklich klar? Vor einer Meinung kommt bei mir immer noch verstehen & vielleicht ein paar Linien in die Zukunft ziehen.
Ich habe den Ursprungsartikel nun drei bis viermal gelesen, mir das Video mal angesehen und dies vor einem semi-professionellen Hintergrund eines Studiums in der Richtung. Bewusst ohne Präferenz Trump oder Clinton, denn es geht vielmehr um Prozeduren, die nun wohl nach Europa / Deutschland kommen werden oder längst da sind. Was mir auffällt ist, dass diese Passagen irgendwie in der hier geäußerten Kritik nicht stattfinden: “Aus allen möglichen Quellen kauft Cambridge Analytica persönliche Daten: Grundbucheinträge, Bonuskarten, Wählerverzeichnisse, Clubmitgliedschaften, Zeitschriftenabonnements, medizinische Daten.”
Mit diesen Informationen, den hinzugenommenen technischen Targetingtools und den ebenfalls beschriebenen Rückmeldungsschleifen von den Besuchen bei den Wählern, stellt sich eine ganz andere Frage für mich viel lauter, als die, sich hier über eine angeblich voreilige Mathematikhörigkeit zu erregen (ganz davon abseits, dass man sich eben dies wirklich nicht leisten sollte, wenn man die Tragweite herunterreden will, da sich die Berechnungen immer am Ende einer Versuchsanordnung finden).
Ist es nicht vielmehr eine Warnung?
Eine Warnung an uns alle, welche Massen an Daten a) in einigen Ländern bereits frei verfügbar sind & b) wie genau Analysen unter Einbezug einer millionenstarken Gruppe (Gruppen) N werden können oder bereits sind. Und wie spezialisiert die Ansprachen in Kleinstgruppen bereits funktionieren können (mindestens theoretisch). Bei den dargestellten Beispielen der anschließenden „Bewerbung“ der Wähler muss man sich doch fragen, ob die alle am Ende den gleichen Kandidaten gewählt haben ;-)
Es wird immer die gute alte Wahrscheinlichkeitsberechnung bleiben und geschildert werden im Beitrag letztlich Faktorenanalysen auf psychologischen Basismodellen. Dies wird meiner Meinung nach hier im Blogbeitrag mit „Kausalitäten“ verwechselt. Vorsicht also aus meiner Sicht mit dem Wegwischen von Möglichkeiten der Manipulation aufgrund immer genauerer und vielfältigerer Daten in einem Pool. Es könnte sich als der verhängnisvolle Irrtum herausstellen, den jeder ahnt, der sich mal eingehender mit Wahrnehmungspsychologie und der trügerischen Genauigkeit des Gehirns (aufgrund von Heuristiken usw.) befasst hat.
Zuletzt etwas zu den „volatilen“ und den „gefestigten“ Wählern. Der Volatile kann mindestens eher verunsichert (demobilisiert) werden (Aussage: sind doch beide/alle/alles schlecht) – was mir aber im Vergleich zu den möglichen Wirkungen beim „Gefestigten“ noch weniger schwierig vorkommt. Was geschieht eigentlich, wenn dieser derart verstärkt wird in seinem vorhandenen Weltbild? „Gefestigt“ bedeutet immer auch das Zurückgehen sogenannter „fluider Intelligenz“ (Neugier, Erkenntnissuche, gewollte Erwartungsbrüche) zugunsten „kristalliner Intelligenz“ (Wissen, Festlegungen, Erfahrungen als Handlungsleitfaden).
So könnte der „Gefestigte“ durch die Dauerbestätigung a) dazu neigen, noch weniger Gegenteiliges in seine Überlegungen einfließen zu lassen. Und b) von „Überzeugung“ in Fanatismus überzugehen, wenn sich die kollektive Realität gegenteilig herausstellt oder seine Erwartungshaltung enttäuscht wird (Realität ist nun mal nicht schwarz und weiß, sondern grau). Die Aggressivität (USA, Österreich, Brexit) hat jedenfalls bereits reichlich an Fahrt aufgenommen – oft spricht man von „mangelndem Verständnis zwischen den Lagern / Polarisierung“.
Man könnte es auch gezielte Kommunikationsstörungen durch zunehmende Fragmentierung der Weltsichten nennen. Das beschriebene Modell im Ursprungsartikel ist neben anderen sozialen / gesellschaftlichen Gründen ein durchaus ernstzunehmender Baustein in der Analyse, warum dies geschieht. Denn am Ende stehen unter Umständen pure Sprachlosigkeit und abgebrochene Brücken.
Kommentar von: Jörg [Besucher]

Noch ein kleiner Apropos: “Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie religiös mathematikhörige Idee, dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte?”
Jens, ich glaube mit dem Satz berührst Du das Grundprinzip aller Religionen. “Zufall” ist nicht kausal und der Mensch hat eben gerne kausale (oder auch schein-kausale) Erklärungen …
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@Micha:
Ich glaube, Du nimmst viel zu viele Einflüsse aus der Gleichung, um sie Dir passend zu machen und zusätzlich polarisierst Du die Realität in zwei Extreme, die sich getrennt gegenüberstehen.
Zur Vereinfachung: Ja, natürlich gibt es bedenkenswerte Kritik am Umgang mit Daten, wie und in welchem Umfang sie gesammelt, gehalten und analysiert werden können und da muss hingesehen werden, denn den Missbrauch bracht man nicht zu erwarten, den gibt es schon häufig genug.
Zur Polarisierung: Nur weil ich die Story von CA relativiere, heißt das nicht, dass ich auf der Gegenseite dessen stehe, was diejenigen befürchten, die deren Behauptungen Glauben schenken. Das ist keine entweder-oder Gleichung hier. Eine wichtige Technik, die m.E. in sehr viel höherem Maße für den Erfolg für nie Normalisierung populistischer Ideologien verantwortlich ist, habe ich beschrieben und diese Technik verwenden m.E. momentan auch die Populisten hier in Deutschland. Die funktioniert ganz ohne Big Data Verschwörungen und dummerweise sehr gut. Aber auch hier: Das gesamte Bild ist keineswegs monokausal. Meine These ist lediglich, dass die Claims von CA, sie hätten eine Wahl mit Psychogrammen gewonnen, PR-Bullshit sind. Das bedeutet aber nicht, dass ich die tatsächlichen Gründe unkritisch sehe oder ihren Einsatz billige.
Du sprichst viele Themen an, die verhandelt werden müssen, vor allem: Wie gehen wir mit Datenerfassung, -haltung und -nutzung um? Ich sehe hier ebenfalls Bedarf an Regulierung, denn dass Firmen alle möglichen Daten sammeln und völlig intransparent damit arbeiten können ist unabhängig von CA und ihren Behauptungen auf Dauer nicht hinnehmbar.
Es gibt 3 Möglichkeiten für Regulierung:
1. Marktregulierung, sprich: keine.
2. Beschränkung des Zugangs zur Technik auf Staat und beaufsichtigte Stellen (sehen wir am NSA-Skandal, wie gut das klappt).
3. Regeln für ihre Anwendung, zb was strafbar ist.
Ich persönlich bin ein Freund von 3. Du kannst Dir jedes Messer kaufen, aber töten darfst Du damit nicht. Was meinst Du?
Kommentar von: Pascal [Besucher]

Danke für den kritischen Beitrag zur Debatte, Jens.
ABER:
Du sagst: “Meine These ist lediglich, dass die Claims von CA, sie hätten eine Wahl mit Psychogrammen gewonnen, PR-Bullshit sind.”
Im Text steht wörtlich: “Aber wie gross war der Einfluss der psychometrischen Methoden auf den Ausgang der Wahl? Cambridge Analytica will auf Anfrage keine Belege für die Wirksamkeit der Kampagne liefern. Und es ist gut möglich, dass die Frage nicht zu beantworten ist.”
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ja, das ist das, was da steht. Das ist aber nicht das, was der Artikel insgesamt sagt ("Bombe") und nicht das Narrativ, das viele, die den Artikel teilen, mit ihm verbreiten.
Kommentar von: TangoZulu [Besucher]

Danke für die kalte Dusche! Unruhig macht mich aber nach wie vor, dass die CA-Leute nicht mal mehr versuchen, den Anschein zu erwecken, ihre Methoden mit demokratischen Normen zu verbrämen, was wissenschaftsbasierte Politikberatung sonst tut. Nun aber, um auf Ihre Frage “Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie religiös mathematikhörige Idee, dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte?” zu antworten: Weil sie es im ersten Semester Marketing an der betriebswirtschaftlichen Fakultät so beigebracht bekommen. “Kommunikation bedeutet die Übermittlung von Informationen zur S t e u e r u n g von Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen bestimmter Zielgruppen gemäß spezifischer Zielsetzungen ” (Bruhn, M., div. Jg., Unternehmens- und Marketingkommunikation, Wiesbaden) Aus dem Gedächtnis zitiert, Hervorhebung nicht im Original.

Es geht bei dem targeting überhaupt nicht darum, 100% genau zu sein, sondern nur darum, etwas besser zu sein als die Konkurrenz. Wenn durch diese Verfahren 1% gewonnen werden können, hat das für Trump schon den gewünschten Unterschied gemacht. Größer war der Abstand zu Clinton nicht.
Jammern hilft hier wenig, denn das Internet geht nicht weg und BigData auch nicht. Allerdings kenne ich diese Art Analysen primär aus dem englischen Sprachraum. Für Deutsch ist mir das nicht bekannt.
Kommentar von: Matthias [Besucher]

…wissenschaftlichem Geruch ("OCEAN-Modell"? Das gibt es gar nicht.)…
Doch, gibt es. Schlechter Stil!
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ich meinte als wissenschaftliches Modell, aber Du hast Recht, das ist missverständlich und ich nehms raus.
Kommentar von: Ra [Besucher]

@Wilfried: Nur, dass Trump mach Prozenten nicht gewonnen hat, diese mithin also weniger wichtig sind als die regionale Streuung der Stimmen.

ixh sag’s mal so: alle sind (mal wieder) damit beschäftigt, eine entwicklung zu verdrängen, die heute vielleicht nicht in der von dem artikel postulierten wucht nachzuweisen ist, die aber unabdingbar genau so ein problem in der zukunft sein wird.
das galt (für mich) schon 2006 für die hasskommentare in online medien, das galt für mich (seit 2013) für die massiven versuche einer fremden macht, die EU zu destabilisieren … und es gilt für mich heute für die von diesem artikel an die wand gemalte dystopie. und es gilt für die von jaron lanier ausgebreitete kritik an den noch freundlichen zukünftigen diktatoren im netz.
aber hey, wir haben zeit, reden wir in ein paar jahren, wenn alles gelaufen ist, was man heute, wenn man die ansage des artikels ernster nehmen würde, statt ihn wegzudiskutieren, vielleicht noch ändern könnte.
Kommentar von: Wahlter [Besucher]

Schwache Argumentation, leider; ausser der persoenlichen Meinung kaum Belege und wenig Anzeichen dafür, dass Du Dich intensiver mit den Claims auseinander gesetzt hast (z.B. den Publikationen von M. Kosinksi). Es geht in der Debatte auch weniger darum, ob hier irgend wer allein Trump an die Macht gebracht hat, sondern welches Gefahrenpotential von privaten Datensammlungen ausgeht.
Kommentar von: Harry [Besucher]

Ja, es können nur bestehende Meinungen und Stimmungen verstärkt werden. Reicht das nicht heutzutage, wo fast jeder auf den nächsten Hype lauert?
Wenn ich mich für mehr Datenschutz einsetze und ich habe genug Geld für zielgerichtete Werbung, würde ich genau in die Bresche schlagen, die der kritisierte Artikel bedient.
Das, was auf der Basis der verfügbaren Tags verbreitet wird, muss natürlich passen. Ich pick mir die aktiven Nutzer raus mit einem großen Netzwerk, die das dann viral verbreiten.
Kritiken wie diese (inzwischen gibt es ja ein paar davon) lesen die wenigsten. Die Aufregung ist groß, da kann ich gleich mal eine Fakenews hinterherschieben.
Klar, Vorbedingungen muss es geben. Ich würde das Potential aber nicht unterschätzen. Es fängt gerade erst, effektiv zu werden.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Mir sind das ein bisschen zu viele Doktor Mabuse Geraune. Hätte, könnte, in Zukunft, das ist ja erst der Anfang… Diese Sensationslust und der Grusel vor dem übermächtigen Datenmoloch im Hintergrund interessiert mich nicht sonderlich. Und ich bin ganz sicher nicht derjenige der belegen muss, dass ein Schreckgespenst nicht existiert. Wenn jemand an eine sinistre Macht glaubt, darf der das wegen mir gerne weiter tun. Ich habe nicht vor, religiösen Menschen in ihr Weltbild zu reden.

FLAME // ne sorry, um es nochmal zusammenzufassen. es ist kein problem reaktiv auf einen super erfolgeichen artikel zu reagieren, wenn die grossen blaetter das ganze thema grandios verschlafen haben. (trotz facebook special im spiegel und einer kruden digitalen grundrechte-charta in der zeit) aber die slicken deutschen vertreter von post-privacy und kontrollverlust, die stockkonservativen meinungsblogger, beraterchen und vermittlerinnen die daraus gewinn schoepften aus dem gebremse der internet-ausdrucker durch überdurschnittlichen nebelkerzenkonsenskonsum noch gewinn zu schlagen nun einfach freundlich mal pause machen, die generation der hyperaffirmativen darf jetzt ein zwei runden nachsitzen, die reihenhaeuser abzahlen, den hund ausfuehren, den pc reparieren und spaeter behaupten das internet haette es nie gegeben. was sich ankuendigte als (politisch) falsche abzweigung seit mindestens 2009, und zwar nicht nur in der digitalen kultur, wird nun offenbar. ein zentristisches vakkum; das durch weiteres beharren, fingerzeigen auf vermeintlich schuldige und die forderung nach mehr vertikaler solidaritaet, also mittelschicht und eliten den status quo verteidigt. insofern, wenn ihr euch schon nicht informiert, tut euch nicht mit den absichtlichen gegenaufklaerern zusammen. die geste des “das haben wir ja schon immer gewusst” (stimmt: schon adorno untersuchte targeted advertisement und listener statitistics im radio research project) - aber dies trainwreck? you never saw it coming. // OFF
selbst wired hat das im november schon lesbar zusammengefasst.

@Pit: Irgendwas mit Datenschutz usw. (also ich vermute, dass das dein “Thema” ist) ist ein völlig anderes Thema um das es hier überhaupt nicht ging. Um mal zurückzuflamen: Wenn Leute, denen Datenschutz usw. so wichtig ist, dieses Thema dauernd an völlig falschen Stellen abladen ist es kein Wunder, dass dort, wo es richtig wäre, nichts passiert.
Ansonsten hab ich deinen Text dreimal versucht zu lesen und habs dann aufgegeben, wegen zu wirrem und unsortiertem Wortschwalls.
Kommentar von: Abdiel [Besucher]

“Das was volatile Menschen an Kommunikation brauchen, ist halt die klassische politische Überzeugungsarbeit - das mit Argumenten und Versprechen und Diskussionen - , da komm ich nicht mit plattem Marketing und Claims an.”
Mit der gezielten Koordination der Wahlhelfer vor Ort, genau solche aussichtsreichen Kandidaten an der Haustür zu überzeugen, ist doch so ein Vorgehen. In dem kritisierten Artikel wird weit weniger Dramatisierung betrieben, als hier dargestellt wird. Natürlich sind die Themen allesamt nicht neu, bietet aber anhand eines aktuellen Beispiels einen Einblick, wozu die konsequente Verknüpfung verschiedenster Datensätze dienen kann. Und ja, ich teile die ablehnende Haltung zum Social Profiling, wie ich auch viele andere Dinge kritisch sehe, die ein hohes Missbrauchspotential bieten…
“Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie religiös mathematikhörige Idee, dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte?”
Lässt man mal “steuern” außen vor, davon ist in dem Artikel gar nicht die Rede, kann man die Wirksamkeit ja problemlos nachweisen. Das ist weder religiös noch mathematikhörig, sondern einfach nur Logik. Hilft mir diese Vorhersage nun, mein Vorgehen effizienter zu gestalten, steigt die Erfolgsqoute und ich erreiche damit ein besseres Ergebnis. Keine Magie, sondern absolut simpel, vorausgesetzt der Algorithmus stimmt…
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ich kann dazu nur noch mal Anmerkungen machen:
1. Es geht mir überhaupt nicht um grundphilosophische Überlegungen sondern ganz konkret um die mit dieser hübschen failed-Hero Story verkauften Behauptung, man könne über Psychogramme extrem individualisierten und ausgesteuerten Content eine Wahl “manipulieren". Manipulieren bedeutet für mich: Menschen zu Handlungen bringen, die sie eigentlich nicht tun wollten. Das ist das, was ich für esoterischen Bullshit halte. Darum ging es im Zitat.
Das mit den Wahlhelfern ist das andere wovon ich sprach: Diskutieren, überzeugen, versprechen. Natürlich funktioniert das bei Menschen, die sich noch ihre Meinung bilden wollen und das halte ich für eine völlig in Ordnunge, legitime (und keineswegs neue) Wahlkampfmethode. Dass ich mir als Wahlkämpfer nen FC Köln Schal anziehe wenn ich weiß dass an der Adresse ein FC Köln Fan wohnt kann mir zwar einen kleinen Rapport-Vorteil verschaffen, aber wird am Ende null Einfluss darauf haben, was derjenige am Ende zu meiner politischen Werbung sagen wird.
2. “Lass mal steuern außen vor". Nein, lass ich nicht, weil das das wichtige Wort in diesem Satz ist. Weil Du es weglässt, baust Du einen Strohmann, den Du angreifen kannst. Das ist aber nicht, was ich geschrieben habe. Ich habe “steuern” geschrieben und meine “steuern". Und selbstverständlich geht es darum: Einer “Bombe” kann man nicht entkommen. Selbstverständlich ist das das kolportierte Narrativ des Textes, die ganzen Leute, die den Artikel mit “das ändert alles!” geteilt haben, haben das genau so verstanden.

> Diese Sensationslust und der Grusel vor dem übermächtigen
> Datenmoloch im Hintergrund interessiert mich nicht sonderlich.
> Und ich bin ganz sicher nicht derjenige der belegen muss,
> dass ein Schreckgespenst nicht existiert.
dumme frage: und warum postest du dann zum thema?
es geht zudem icht um ein “schreckgespenst", es geht um eine absehbare entwicklung, die sich gerade viele gerne selbst wegreden würden. hauptsache mal was cooles dazu geposten, ein bißchen “mabuse” reingemixt.
es gibt bei neuen entwicklungen immer zwei wiederkehrende “figuren", die einen, die, die die sache ernst nehmen, weil sie sich etwas vorstellen können … und andere, die sich darüber lustig machen, daß andere so was ernst nehmen können.
hat mich ind en 80ern nichtd avon abgehalten, einen ti 99/4a in den griff kriegen zu wollen … als meine freunde noch fragten “und was machst du da?” “ich pogrammiere eine adressdatenbank” und sie mir kichernd ihre kalender unter die nase hielten mit “guck ma’ - braucht nicht mal strom".
heute haben die alle ein smartphone (ich nicht, aber das ist halt so eine meiner ziemlich dummen ideen
http://hinterwaldwelt.blogspot.de/2014/09/ziemlich-dumme-ideen.html”
in diesem sinn, jens, hast du mir mit deiner post nur deinen kalender unter die nase gehalten …und eben eine post verfasst, die sagt “kann ich mir nicht vorstellen".
solltest du aber.
Kommentar von: Abdiel [Besucher]

Dann interpretieren wir den Artikel grundsätzlich verschieden. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Wahl durch den im Artikel beschriebenen Ansatz nicht manipuliert wurde, darin sind wir uns grundsätzlich einig. Der Versuch die Wahlentscheidung von Menschen zu beeinflussen, erreicht aber in der realisierten Dimension und dem umfassenden Ansatz meinesachtens eine neue Qualität. Vor dem Hintergrund sehe ich lediglich einen Beitrag der zwar etwas zu viel Spannung erzeugen möchte, aber nicht grundsätzlich falsch ist. Ob das blumige und übertreibende Zitat jetzt unbedingt die ideale Überschrift darstellt, kann natürlich getrost bezweifelt werden.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

@Hardy:
Warum ich drüber schreibe? Weil ich drüber schreiben wollte. Und zwar genau über die Aspekte, über die mir wichtig war zu schreiben. Das ist ungefähr immer so, wenn ich was poste.
Dass Du hier irgendeine Entwicklung siehst, die ich anders sehe ist mir bewusst und find ich nicht schlimm.
Ich erkenne an Deinem Kommentar auch, dass Du Dir eine bestimmte Meinung darüber gebildet hast, wie ich das wohl sähe, was die Sache etwas verkompliziert, denn offensichtlich irrst Du Dich da. Das hängt wohl damit zusammen, dass Du eine Polarität mit zwei totalen Gegensätzlichkeiten aufbaust. Da gibts dann nur noch 2 paar Schuhe: Deine und das andere Paar. Ich habe aber gar kein großes Interesse, das zurechtzurücken. Auch so ne Macke von mir: Schuhe einfach stehenlassen, die man mir hinstellt, wenn sie mir nicht passen.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Abdiel: Ich habe nach der Veröffentlichung an den Twitterreaktionen bemerkt, dass es schwierig ist, eine These anzugreifen und damit nicht automatisch als jemand wahrgenommen zu werden, der die komplett konträre Position einnimmt (siehe auch Hardy). Ich hab versucht, dem mit dem P.S. entgegenzuwirken. Ich glaube, wir sind nicht sehr weit auseinander in der Einschätzung der Situation. Ich bin zB durchaus für einen sehr bewussten Umgang mit Daten und schreibe auch schon seit einigen Jahren regelmäßig über die m.E. wesentlich realeren Gefahren von Datensammeleien.
Kommentar von: Frechheit [Besucher]

“Man braucht ein magisches Weltbild, um an eine Formel zu glauben, die mathematisch das Wort errechnet, das man einem Menschen sagen muss, damit er plötzlich und willenlos seine Meinung ändert.”
Ist das perfide oder einfach nur blöd? Es reicht doch, die Wahlbeteiligung im Trump-Lager leicht zu erhöhen, und im Clinton-Lager etwas zu verringern. Wenn man mit Werbung Menschen dazu bringen kann, bestimmte Produkte zu kaufen, wer kann dann bezweifeln, dass man die Teilnahme an politischen Wahlen beeinflussen kann?
“Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie religiös mathematikhörige Idee, dass man menschliches Verhalten derart leicht kategorisieren, vorhersagen und dann sogar steuern könnte?”
Viele kennen aus ihrem eigenen Leben Beispiele dafür, dass das Verhalten von Menschen antizipiert oder beeinflusst wurde. Ansonsten empfiehlt sich die Lektüre psychologischer Fachliteratur.
Kleine Zugabe als Denkanstoß über den eigenen Schreibstil: Wie kommen Menschen immer wieder auf die irgendwie debil selbstglorifizierende Idee, dass ihr Verhalten nur ihrem eigenen Verstand und Willen unterliegt, ungerührt von allen äußeren Einwirkungen, und unvorhersehbar in seiner göttlichen Freiheit?
Kommentar von: kurzundknapp [Besucher]

Der Kommentar “04.12.16 @ 15:01″ ist besser geschrieben als der Originalartikel: viel klarer und kürzer. Aber leider (wie der Originalartikel) inhaltlich falsch.
1. “damit der von CA behauptete Zaubertrick funktioniert, der Mensch als eine einfache maschinelle Cause-and-Effect Maschine funktioniert. Aber das tut er nicht.”
Na, da kann die ganze psychologisch Forschung wohl noch viel von jensscholz lernen. ;) Im Ernst: es sind viele Mechanismen bekannt, mit denen man das Verhalten von Menschen beeinflussen kann.
2. “Selbst wenn ich die besten Laborbedingungen hätte und die Umwelt ausschalte, wird sein Verhalten nicht von mir gesteuert werden können.”
Das ist vielleicht der Kern des Denkfehlers: man muss doch niemanden steuern, um den Ausgang einer Wahl zu beeinflussen. Es reicht, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Verhalten zu erreichen bzw zu verhindern. Konzerne würden Milliardensummen sinnlos verplemperen, wenn zB Werbung sowas nicht könnte.
3. “… aufzeigen will, dass CAs Behauptung, sie hätten ein Wahlergebnis herbeigeführt, nicht stimmt.”
In dem zitierten Artikel findet sich diese Behauptung doch gar nicht. Pfui.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ihr interpretiert meine Aussage in Extremstandpunkte um. Auch hier: Das was ihr unterstellt, was ich gemeint hätte und dann angreift habe ich nicht gesagt und ist somit eine Strohmannargumentation.
Noch mal mein Punkt ist dieser aus Sascha Lobos aktueller Kolumne:
“Der eingangs erwähnte Artikel über Donald Trumps Datensieg ist gar nicht grundsätzlich falsch und skizziert in der Tat eine problematische Entwicklung. Er setzt bloß auf die Wirkung des magischen Digitalismus beim Leser. Er unterstellt nämlich, dass man den datenseitig herausgefundenen Personen nur eine datenseitig individualisierte Botschaft auf Facebook zeigen müsse, und schon handelten sie in Scharen, wie es sich der Absender wünscht. Als sei Manipulation via Maschine heute ein Klick-Klack-Kinderspiel, weil die Maschine, also Magie.”
Und nicht, dass Targeting nicht funktioniert. Siehe mein P.S. Alle anderen Interpretationen sind eure eigenen, auf die muss ich nicht antworten, denn sie bilden nicht meine Meinung ab.
Kommentar von: Wolfgang Scholl [Besucher]

Beide, der Originalartikel und der Kommentar von Jens Scholz wollen überdeutlich sein und liefern Angriffspunkte. Scholz macht das mit der Gegenüberstellung: Feste Meinung versus volatile; dazwischen gibt es aber ein breites Spektrum und da sind die Wirkungen zu finden. Sie bestehen in Bezug auf die US-Wahl vor allem darin, dass viele Wahlberechtigte oft nicht wählen, weil sie verschiedene und eher diffuse Meinungen im Kopf haben, was sie in ihrer Entscheidung lähmt. Gelingt es nun, bestimmte Aspekte davon zu verstärken durch zielgenaue Ansprachen, dann treten andere Meinungen und Interessen in den Hintergrund, mögliche Folgen des eigenen Verhaltens werden nicht gesehen und die Betreffenden wählen einseitig, d.h. auch gegen eigene Interessen, was ihnen aber nicht klar wird. Das unerwartet viele Frauen, Latinos und Afro-Amerikaner Trump gewählt haben, ist ein Indiz dafür.
Richtig ist auf jeden Fall , dass die Psychologie viele Mechanismen kennt und genau erforscht hat, wie man Menschen beeinflussen kann, auch gegen ihren “eigentlichen” Willen, nachzulesen etwa bei Cialdini: Die Psychologie des Überzeugens (engl. Titel ist genauer: Influence). Sehr gut das Argument von Jörg: “Qualität und Quantität des Targetings unterscheiden sich also von älteren Versuchen.” Die Kernbotschft des “Bombenartikels” ist klar und ist m. E. wissenschaftlich gut belegbar: Wirtschaftliche wie politische Werbung wirkt, raffinierte Werbung wirkt noch mehr und je mehr man über bestimmte Menschen(gruppen) weiß, umso raffinierter kann man werben.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ok. Nochmal: Ich habe überhaupt keine umfassende Analyse des Originalartikels schrieben wollen und habe es auch nicht gemacht. Ich habe die zwei mir wichtigen Aspekte (CAs Targeting Technik habe Brexit/Trump den Durchbruch gebracht und der unwidersprochene quasi Automatismus mit der ein Mensch nur das Richtige gesagt bekommen muss um gegen seine eigene Überzeugung zu handeln) aufgegriffen und kommentiert, die m.E. in dem Artikel durch seine Dramaturgie und Weglassen von wichtigen Differenzierungen ein viel zu großes Gewicht und damit eine unangemessene implizierte Bedeutung transportiert. Dass ich andere Aspekte des Artikels nicht betrachte bedeutet weder, dass es die nicht gibt noch dass die unwichtig sind. Darüber haben inzwischen auch andere geschrieben, so dass es auch nicht notwendig ist, das noch mal aufzugreifen.
Kommentar von: Echse27 [Besucher]

Hallo zusammen,
meiner persönlichen Meinung nach ist der Wahlerfolg Trumps nicht gänzlich auf diese Methoden zurückzuführen, aber ich denke, dass sie nicht unwesentlich dazu beigetragen haben.
Aus meiner Sicht entwickeln sich die meisten Menschen innerhalb ihrer Länder zunehmend zu “Schafherden” –> Denn jeder tut, was jeder tut. Es ist auch in meinem direkten Umfeld (unter arger Sorge) zu beobachten, dass die meisten Menschen Facebook, Google+ und Co. zunehmend ernster nehmen. Zitat: “Das stand bei Facebook, dass muss stimmen!” solche oder ähnliche Aussagen werden zur Zeit immer häufiger getätigt. “Jeder” nutzt WhatsApp, Facebook, Twitter und Co. aber keiner macht sich Gedanken darüber, was dort im Hintergrund passiert. Egal, ob Daten für irgendwelche Studien oder personalisierte Werbung verwendet werden. Den Meisten fällt es wahrscheinlich nicht mal auf. Aber die Beispiele aus dem genannten Artikel sind doch sehr beängstigend, z.B. das Bsp. mit dem ängstlichen Waffengegner und dem Waffenbeführworter… Dem einen wird ein Bild mit einem Dieb gezeigt und dem Anderen ein Bild mit 2 Menschen auf der Entenjagd. Wenn man sich einmal die Mühe macht und sich diesem Vergleich unterzieht, dann spürt man ziemlich schnell, dass sich da etwas regt.
Die Menschen, die nicht darauf achten und gedankenlos unterwegs sind, und dass sich mit Sicherheit die Meisten, werden dann mit diesen Bildern, Nachrichten und / oder Videos beeinflusst, ob sie es wollen oder nicht.
Nur meine persönliche Meinung.
Kommentar von: jensscholz [Mitglied]

Ach Gott, immer diese Argumentation über dumme, manipulierbare Schafe (außer einem selbst natürlich).
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Der Trick bei Ttump war Manipulation; genau den Schwarzen genau die Videos und Bilder zeigen, wo Schwarze schlecht behandelt werden. Damit wurde die Entscheidung zur Nichtwahl begünstigt.
Man kann also ohne jede Hysterie sagen, dass man eben doch weiß, wie man jemanden beeinflusst, wie man ihn kriegt, wo seine Schwachstelle ist – indem man das als Mittel nimmt, was alle Menschen beeinflusst: die Macht der Bilder. Dafür brauche ich keine neuen Erkenntnisse bzw. Psychotricks. Aber im Gesamtpaket – Big Data liefert die Adressen und Profile, die Psychotests helfen beim richtigen Maß der Ansprache – spielen sie eine Rolle.
Die Gefahren durch immer komplexeres Tracking kann man sehen. Ganz ohne Verschwörungstheoretiker zu sein. Letzteres ein Totschlagargument.