Manchmal dreht sich die Welt zu schnell
Vorletzte Woche war ich auf dem Zeit der Legenden, zum ersten Mal als SL und nicht als Spieler oder NSC. Es hat geregnet, es war schweinekalt, es war dennoch - oder eventuell sogar deswegen - eine ganz großartige Erfahrung. Ich wollte eigentlich was darüber schreiben, aber ich müßte zu viel erklären: Was LARP ist; wieso 1000 Leute es toll finden, sich mit Gummischwertern zu verdreschen; warum ich freiwillig von neun Uhr morgens bis drei Uhr nachts 'gearbeitet' habe ohne dafür Geld zu bekommen... nur um rüberbringen zu können, wie sehr ich diese fünf Tage kompletten Szenenwechsel genossen habe.
Als ich zurückkam dachte ich, ich sei nicht fünf Tage, sondern fünf Wochen weggewesen.
In Frankfurt und in der Türkei werden staatliche Machtdemonstrationen an Protestierenden ganz offen jenseits aller demokratischen Grundsätze, die man sonst immer noch so vor sich herträgt als Regierung, durchexerziert. Den größten Knaller liefert dabei der Regierungssprecher Steffen Seibert, der auf Twitter die Vorgänge in der Türkei verurteilt während in Deutschland genau dasselbe passiert. Ist das so zynisch wie es rüberkommt oder einfach weltfremd und merkbefreit? Was von beidem wäre denn weniger schlimm?
Dann kommt raus, wie die USA eine ungeheure Menge an privaten Internetaktivitäten von Nutzern weltweit sammelt und auswertet. Betonung auf 'wie', denn dass sie das macht ist News von letztem Jahr. Dass man das Internet und alles was man darin tut, als öffentlichen Raum betrachten muss ist hoffentlich schon viel länger keine News mehr. Dass die Frage nie gewesen ist, 'ob', sondern nur 'wann', hab ich in den letzten Jahren auch zig mal geschrieben. Dass es ernsthafte Bestrebungen zur Totalüberwachung der Internetaktivitäten aller Nutzer gibt ist nicht neu, seit man zum ersten Mal von INDECT gehört hat und im Prinzip ist das, was man momentan über Prism erfährt, vor einem halben Jahr schon herausgekommen. Nur ist es jetzt eben auch bewiesen worden und die Monströsität des Ganzen durch die Fakten greifbar.
(Grafik: Crackajack)
Natürlich gibt es immer noch die Leute, die glauben, dass niemand in Gefahr ist, wenn er nichts zu verbergen hätte.
Dabei geht es um viel mehr:
...Secrecy is only supposed to work for the strong against the weak.
It's about who, in the future, will be allowed to hurt and abuse other people and expect complicity. It’s about who will be allowed to speak up and call out, and who will be made to pay the price.
Über den Zusammenhang und den Unterschied von Privacy und Secrecy hab ich aber auch schon einiges geschrieben. Und auch über eine notwendige Maßnahme, die hier im Raum steht: Wir brauchen wieder unser eigenes Internet. Seit dieser Woche mehr denn je zuvor. Prism scheint das schlimmste zu sein, was dem Internet bisher passiert ist, aber ich glaube, dass es eventuell auch das Beste gewesen sein könnte. Der Wake-up-call, den wir brauchten, denn niemand ist mehr sicher. Auch nicht die, die nichts zu verbergen haben.
Was fast schon lustig ist: "Wer nichts falsches tut muss auch nichts verbergen", sagt auch die US-Regierung. Jetzt wo ihr verborgenes Überwachungsprogramm herausgekommen ist.
1 Kommentar
Formular wird geladen...
Willkommen zurück im Internet ;) das Übelste an der Prism-Sache finde ich, dass wieder NIEMAND mitbekommen wird, dass der deutsche Geheimdienst BND seit Jahren genau das gleiche tut:
https://netzpolitik.org/2013/ein-deutsches-prism-nennt-sich-strategische-fernmeldeaufklarung-und-steht-unter-aufsicht-des-bundesnachrichtendienstes/