Ich erinnere mich, wie ich diesen Fragebogen letztes Jahr ausgefüllt habe und dabei sehr bewußt versucht habe, mich nicht zu sehr von der Stimmung beeinflussen zu lassen, die in dem Moment gerade vorherrschte. Denn es ging ja um das gesamte Jahr und nicht nur um die letzten zwei Monate. Wie sehr mich die Auflösung unseres Kölner Büros - die uns kurz zuvor kalt erwischte - getroffen hatte, erkannte ich auch erst im Februar diesen Jahres und auch wie lange es für mich dauern würde, wieder in den Tritt zu kommen, war damals für mich nicht absehbar.
Dennoch: Im Nachhinein kommt mir das Fazit letztes Jahr viel zu unbedarft und auch ein wenig naiv vor. Die Auswirkungen davon haben dieses Jahr immer überschattet, wenn nicht maßgeblich bestimmt. Einerseits emotional, weil ich sehr enttäuscht und sehr verärgert über diese unnötige Entscheidung war (und zum Teil noch bin). Andererseits natürlich wegen der Notwendigkeit, wieder einen Status und eine Rolle zu finden, mit der ich wieder Fuß fassen konnte.
Erst diesen Oktober, also ein ganzes Jahr später, ist mir das gelungen. So lange war ich für meine Lieben wahrscheinlich nicht der Partner, Vater, Freund, wie ich es gerne gerwesen wäre. Und doch sind alle bei mir geblieben und haben viel Geduld mit mir gehabt. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.
(Hier auch wieder die Rückblicke auf 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003)
Zugenommen oder abgenommen? Da mir die Anzughosen, die ich mir letztes Jahr gekauft habe, viel zu weit geworden sind, hab ich wohl abgenommen.
Haare länger oder kürzer? Anfang des Jahres lang, dann für meine Verhältnisse sehr kurz und übers Jahr wieder länger.
Kurzsichtiger oder weitsichtiger? Gleich geblieben. Zum Glück. Die letzten Jahre wurde es ja permanent schlechter mit dem nah sehen.
Mehr bewegt oder weniger? Etwas mehr, sicher noch immer zu wenig. Eventuell fühle ich mich aber auch nur fitter, weil der Verfall der letzten Jahre gerade mal etwas Pause macht.
Mehr ausgegeben oder weniger? Sehr wenig für mich selbst. Quasi gar nichts im ersten halben Jahr, um den Status Quo nicht zu gefährden. Die laufenden Kosten sind Anfang des Jahres erheblich gestiegen, das musste irgendwie ausgeglichen werden.
Der hirnrissigste Plan? Dieses Jahr war extrem vernunftgeprägt. Ich hatte keinen Kopf für hirnrissige Pläne. Ich würde aber gerne mal wieder was hirnrissiges planen. Vielleicht nächstes Jahr.
Die gefährlichste Unternehmung? Meine persönliche Situation dieses Jahr war heikel genug, da war kein Platz für noch mehr Risiken. Was nicht bedeutet, dass ich nichts gemacht habe, im Gegenteil. Aber zusätzliche Gefahr brauchte ich dazu nicht.
Der beste Sex? War der, der mich für einige Momente aus dem Laufrad geholt hat.
Die teuerste Anschaffung? Dieses Jahr gab es nichts teures. War auch nicht nötig, ich hätte mich darüber im Nachhinein auch mehr drüber geärgert als gefreut.
Das leckerste Essen? War ein unglaublich gutes Schokoladensouflée. 15 Minuten völlige Begeisterung auf der Zunge. Wenn ich nur dran denke, verzückt es mich direkt schon wieder.
Das beeindruckenste Buch? Homeland, Cory Doctorow. Nicht, weil es besonders meisterhaft geschrieben ist, sondern weil es (wenn man bedenkt, dass es schon letztes Jahr herauskam und somit sicher seine Zeit für Recherche und aufschreiben gedauert hat) so viel von dem vorweggenommen hat und wahrscheinlich auch noch mehr von dem vorwegnimmt, was jetzt gerade passiert.
Der ergreifendste Film? The Frame.
Die beste CD? Westwind. Auch wieder erfolgreich über eine Crowdfunding-Aktion finanziert. Braucht mir also keine Musikindustrie erzählen, das Internet sorgt dafür, dass es weniger gute Musik gibt und dass keiner dafür zahlt.
Das schönste Konzert? Das CD-Release Konzert der Singvögel. So viel Spaß hatte ich echt lange nicht.
Die meiste Zeit verbracht mit...? Über Wasser bleiben.
Die schönste Zeit verbracht damit...? ...1. Mit Lewin aufs Drachenfest zu fahren. 2. Mit Frauke Serien zu gucken. 3. Musik machen und andere Hobbies: Wenn ich eines gelernt habe, dann dass man seine Hobbies nicht vernachlässigen darf, wenn man viel um die Ohren hat.
Vorherrschendes Gefühl 2014? Nicht ich selbst zu sein. Ganz neue Selbstzweifel. Das Gefühl, gegen den Strom ans Ufer schwimmen zu müssen. Das alles mit einem - zugegebenermaßen nicht selten eher trotzigen - bewussten Optimismus im Griff zu behalten und weiterzumachen.
2014 zum ersten Mal getan? Nicht so viel, es waren irgendwie viele dejá vu Momente, allerdings hab ich viele davon weitaus besser gemeistert als früher. Vielleicht hab ich dann zum ersten Mal bewusst einen Vorteil des Alters erkannt: Erfahrung zu haben ist viel Wert.
Oh, und ich hab zum ersten Mal Istanbul besucht.
2014 nach langer Zeit wieder getan? Über einen langen Zeitraum eisern gespart.
3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? 1. Der lange Aufenthalt in dieser beruflichen Zwischenwelt, was mir den größten Teil des Jahres immer irgendwie im Nacken saß. 2. Das mit dem Podcast nicht geschafft zu haben den ich so gerne machen wollte. 3. Nach all dem Scheiß fast ein Jahr zu brauchen, um wieder an die Stelle zu kommen, wo ich eigentlich vor zwei Jahren schon mal war.
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Dass man mich nicht unterschätzen sollte. Ich habe mich sehr bewusst von den ärgerlichen Entwicklungen von Ende letzten Jahres nicht ins Abseits drängen lassen sondern an das, was letztes Jahr gut war angeknüpft und z.B. dieses Jahr gleich drei erfolgreiche Vorträge auf verschiedenen Veranstaltungen gehalten oder ein Fachblog begonnen, das ganz gut aufgenommen wird.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Schultern zum Anlehnen. Zuspruch. Trost. Optimismus. Ich habe so viele wunderbare Menschen in meinem Leben, die mir in diesem Jahr so gut getan haben und denen ich sehr dankbar bin.
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? "Zeigs ihnen!"
2014 war mit 1 Wort...? Was ist das Gegenteil von Ponyhof? Genau das Wort dann.