Ich rede seit dem Wochenende mit Freund*innen darüber, wie erschreckend weit daneben viele Medien lagen, wenn es darum ging, den Mord an Kirk einzuordnen und nicht zu verstehen, dass da ein Nazi von einem Nazi erschossen wurde, dem Kirk nicht Nazi genug war.
Wir landeten dabei schnell bei Gamergate als ersten erfolgreichen Testlauf (und den man medial auch gerne noch verpassen durfte), um Propaganda-Mechaniken ins digitale Zeitalter zu übersetzen und darüber, wie daraus eine mit Billionärsgeld gut geölte Maschine geworden ist, die seit Jahren kaum bemerkt von klassischen Kommunikationskanälen die Isolation und die Extremisierung von jungen Menschen betreibt.
Das wichtigste Werkzeug für ersteres ist, Hoffnungslosigkeit zu erzeugen und zu vergrößern: Wer schon in jüngsten Jahren keine positiven Zukunftsperspektiven mehr für sich sieht, verliert nicht nur den Selbstrespekt sondern auch den für andere Menschen, für die Gesellschaft und am Ende für quasi alles. Man braucht dann nicht mal mehr diverse Gründe finden, um Frauen, Immigrant*innen oder egal welche Minderheiten zu hassen, weil die Rutsche ja einfach in einem gegen alles ausgerichteten Nihilismus endet.
Ein Problem, warum es so leicht ist, diese Rutsche so glitschig und schnell zu machen, ist allerdings selbstverschuldet: Es ist schwer, jungen Menschen zu erklären, dass sie einen Wert haben und ihre Zukunft wichtig sei, wenn sie täglich die Erfahrung machen, dass das Gegenteil der Fall ist und Politik scheinbar nur noch von und für diejenigen gemacht wird, die ihre Positionen nutzen, um sich und ihren Buddies ein angenehmes Leben auf Kosten aller anderen einzurichten und unter sich den Boden versiegeln.
Es gibt darauf eben nur zwei grundsätzliche Reaktionen: Sie entwickeln ihre Empathie und Menschlichkeit und arbeitet für eine Veränderung, mit der es allen - und damit auch ihnen selbst - besser geht, oder sie geben ihre Empathie und Menschlichkeit auf und die einzige Art der Veränderung, die noch möglich erscheint ist, irgendwas zu zerstören.
Und damit sind wir bei Schritt 2, der Extremisierung. Das ist weder neu noch unbekannt: Von den Jakobinern über die Nazis bis zu Al Qaida und ISIS und den Christofaschisten wird das so gemacht: Menschen auf diese Weise erst zu zerstören und dann mit einer Ideologie wieder aufzubauen, die die Rache an den angeblich Schuldigen an ihrem Leid zur Lebensaufgabe macht ist nichts, was es erst seit dem Internet gibt.
Naja, aber was ich in diesem Zusammenhang eigentlich teilen wollte, ist dieser Text. Das ist die Einordnung, die wir in den letzten Tagen in den Medien vermisst haben.
(Danke für den Linktip an Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach)