Als ich "GenAlpha" alt war, stand der Russe tatsächlich direkt vor der Tür und der dritte Weltkrieg war so wahrscheinlich, dass wir uns ständig darauf vorbereiteten. Überall auf der Welt waren Stellvertreterkriege, am schlimmsten in Vietnam. Es gab eine Ölkrise und eine Rezession, gegen die heutige Wirtschaftskrisen ein lauer Wind sind. Wir haben erfahren, dass in gut 50 Jahren die Klimaerwärmung nicht mehr umkehrbar sein wird. Die Flüsse waren tot und stanken, die Luft war giftig. Beides weil die Industrie ihren Dreck direkts ins Wasser und in die Luft ballerte.
Als ich "GenZ" alt war, gab es einen nie dagewesenen Atomunfall, der das Ende des "Ostblocks" einläutete, der Wald starb rapide und es gab riesige Löcher in der Ozonschicht. Die Wiedervereinigung führte nicht zu einem Deutschland für alle sondern zu den bis dahin schlimmsten rechtsradikalen Gewaltexzessen, die es zu meinen Lebzeiten gab. Stellvertreterkriege gabs weiterhin, aber verlagerten sich in den nahen Osten. Es gab einen richtig schlimmen genozidalen Krieg mitten in Europa, den heute irgendwie alle vergessen haben.
Als ich "Millenial" alt war, passierte 9/11 und die USA hatte mit George W Bush den bis dahin dümmsten Präsidenten und wurde gleichzeitig zum gefühlt gefährlichsten und willkürlichsten Land der Welt, das nicht mehr gegen "Commies" kämpfte sondern gegen Muslime (und eigentlich für Öl). Was im Osten so alles passierte, bekamen wir nicht so mit, aber zB in China passierte zu dieser Zeit auch enorm viel unschönes und Russland wurde heimlich zu einer korrupten Oligarchie umgebaut, die ihre Nachbarländer terroisierte - z.B. Tschetschenien.
Heute bin ich #GenX Alt und tja, was grade alles passiert, sehen all diese Generationen ja selbst: Immer noch Kriege und immer wieder Faschisten in West und Ost und hier in Deutschland.
Und es gab auch immer "Pandemien": In den Siebzigern kannte ich Leute mit "Kinderlähmung", in den Achtzigern und Neunzigern starben zu viele Menschen an AIDS, und dann kündigte sich COVID mit diversen Schüben an, die "Vogelgrippe" oder H1N1/Schweinegrippe hießen. Und jedes mal gab es Schwurbler, die entweder behaupteten, nichts davon sei wahr, krank würden nur die anderen, getroffene Maßnahmen seien unnötig, und Impfungen seien wirkunglos oder gefährlicher als die Krankheit.
Was aber auch immer passiert ist: Die Gesellschaft schob sich dabei immer vorwärts. Die Krisen waren immer temporärer als sie im Moment der Situation erschienen, die progressiven Entwicklungen in all diesen Zeiten - auch wenn sie mal stagnierten oder sogar von einem Backlash einen Schritt zurückgeworfen wurden - konnten sich am Ende immer durchsetzen und wurden später von noch besseren ersetzt. Wenn auch alles teilweise sehr sehr langsam, sehr schmerzhaft und noch lange nicht an der Stelle und in dem Umfang, an der wir sie gerne haben wollen.
Ob Feminismus, Antirassismus, die Repräsentanz vormals völlig unsichtbarer Minderheiten, die Akzeptanz von diverseren Lebensstilen, die viel breitere Beteiligung an sozialen und kulturellen Fertigkeiten und der Teilhabe am öffentlichen Diskurs, die durch Internet und Digitalisierung ermöglicht wurde: all das ist eine Kurve, die - entgegen allen Versuchen von entweder Wirtschaft oder Politik, sie einzuhegen und zu gatekeepen und nach dem immer erfolgten Backlash - in der langen Sicht immer nur aufwärts zeigt.
Und das liegt daran, dass egal aus welcher Generation wir kommen, wir nicht aufhören, uns weiter zu engagieren, zu entwickeln, uns einzubringen und uns und vor allem den Schwächeren zu helfen, durch die Krisen zu kommen. Erst wenn das aufhört, wird die Welt untergehen.
Nur damit wir uns richtig verstehen: Ich will keine Hoffnung auf schnelle Besserung machen. Im Gegenteil. Worum es mir geht ist die Erkenntnis, dass das, was "wir" an Verbesserungen erleben, immer von denen erkämpft wurde, die vor uns waren und die meisten von ihnen haben diese bessere Welt nie erleben können. Wir kämpfen - je älter wir werden - auch für immer mehr Dinge, die wir nie erleben werden. Ich möchte aber dennoch nicht, dass wir damit aufhören, denn wir genießen auch die Ergebnisse unserer Vorkämpfenden, ohne selbst dafür leiden haben zu müssen.
Solange wir daher alle - egal welche "Gen" wir sind - das weiter so machen, wird keine Krise die letzte sein und kein Oligarch, Rassist, Faschist oder Demagoge kann auf Dauer die Zukunft aufhalten, in die wir alle wollen.
Und jetzt: Ausruhen und dann weitermachen.