In Sachen Contentindustrie versus Internet-Industrie gibt es eine interessante Entwicklung:
Ari Emanuel lieferte sich auf der D10 Conference, wo er an einem Panel mit Walt Mossberg and Kara Swisher teilnahm, ein bemerkenswertes Wortgefecht mit einem Zuschauer. Der entpuppte sich allerdings dann als Joshua Topolsky, Autor bei The Verge und der Dialog machte offenbar auf der Konferenz ordentlich die Runde. Topolsky schrieb natürlich einen Artikel, da er es offensichtlich geschafft hatte, öffentlich nachzuweisen, wo das Verständnisproblem bei Emanuel tatsächlich liegt:
The problem with Ari is that he doesn't know how to stop stealing when it comes to copyrighted works, and neither does the tech industry. He's just really mad and wants the problem to be fixed —and because he's a blustery guy with money on the line, he's not really worried if we do in fact rip up the roads that lead to his house.
But I am, and you should be, because this is a job that requires a scalpel, not an axe.
The next day, Google's Sundar Pichai and Susan Wojcicki took to the stage, and Mossberg put the question to them: could they stop pirating if they wanted to? "I think he was misinformed. Very misinformed." Susan said.(...)
Oder eben auch überhaupt nicht informiert. So interessant es ist, einen hochkarätigen Lobbyisten dabei zu erwischen, wie wenig es ihn eigentlich kümmert, was zum Erreichen seiner eigenen Ziele an anderen Stellen gefährdet wird, das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Denn AllthingsD veröffentlichte am selben Tag, an dem Topolsky seine Warnung vor Lobbyisten wie Emanuel postete eine Antwort von ebendiesem:
(...) I understand that the onus is not entirely Google’s, but let’s stop talking at each other and get in a room with all parties to figure this out. To be clear, I don’t want to rehash SOPA as we can all agree that was a reflection of Southern California’s arrogance, and let’s also not pretend that we’re working together on this issue because we have Youtube channels together. This is a larger conversation. It’s time for Hollywood, our government and Silicon Valley to step up and collectively resolve this problem. (...)
Er Akzeptiert seinen Irrtum und kündigt also eine Kehrtwende an. Yay? Oder? Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob das so ein guter Wendepunkt ist, wie er im ersten Moment klingt. Denn er besteht aus der Aussicht, dass die US-Unterhaltungsindustrie, die Internet-Industrie und die US-Regierung das "Problem" gemeinsam lösen werden.
Der Status Quo des Internet war einigermaßen gesichert, so lange die Gegenseite nur glaubte, zu wissen, was zu zun sei, aber zum Glück keine Ahnung hatte wie es funktioniert. Jetzt beruft sich Emanuel aber darauf, mit den Know-How-Trägern der Internet-Industrie zusammenarbeitn zu wollen. Und der Regierung. Sprich: Er hat durchaus immer noch vor, seine Interessen in Gesetze und Verordnungen zu gießen. Die Frage ist, ob das dann weiterhin die praktisch nicht umsetzbaren Papiertiger ergibt wie bisher oder sie angereichert durch die Kenntnisse der IT-Wirtschaft plötzlich sehr gefährlich für dasNetz wie wir es kennen werden...
und P.S.: Am deutschen Netzjournalismus geht das ganze natürlich wieder komplett vorbei (worüber ich letztens schon einen Hint twitterte).
Facebook macht also mal wieder so eine Transparenz- Beteiligungssimulation, um seine Datenschutzbestimmungen wieder ein wenig aufweichen zu können?
Meine persönlichen Facebook-Datenschutzbestimmungen sind ja seit Jahren diese: Poste nichts auf Facebook, was man nicht auch woanders finden kann. Daher kommt mein Status von Twitter, meine Locations von Foursquare, meine Fotos von Path oder Twitpic, längere Artikel von meinem Blog usw... Was Facebook also an wirklich persönlichen Daten von mir aggregiert kann also jeder mit wenig Mühe auch komplett ohne Facebook finden.
Über diesen Facebook-Datenschutzbestimmungen liegen dann noch meine persönlichen Internet-Datenschutzbestimmungen: Ich verteile meine Daten generell schon immer auf vielen verschiedenen Services. Das sorgt dafür, dass kein Service exklusive Informationen über mich hat. Nervt mich einer - wie zuletzt z.B. Flickr, gehe ich einfach woanders hin. Die Menge der Daten, die das jeweils betrifft sind sehr überschaubar und selbst wenn sie verloren gehen sind es so wenige, dass es darauf nicht ankommt. Die einzige Stelle, an der es exklusive Inhalte gibt, ist mein Blog hier. Und das gehört komplett mir.
Der wichtigste Punkt ist aber dieser: Was auf keinen Fall öffentlich werden darf kommt gar nicht erst ins Internet. Es gibt zwei Inhaltssphären, die keine Schnittmenge haben dürfen: Privates und Internet. Moment, ich mal euch das mal auf, damit das klar wird...
Es gilt seit es Internet gibt: Alles, was Du ins Internet stellst - ganz egal wie sicher und geheim es dort gespeichert wird - kann vervielfältigt, verkauft oder veröffentlicht werden. Jeder Dienst kann den Besitzer wechseln und jedes Land kann Gesetze erlassen, die anderen Zugriff auf Deine Daten geben können, von denen Du eigentlich nicht willst, dass sie den haben. Das Internet ist kein Privatraum, es ist ein öffentlicher Raum mit unterschiedlichen Leveln von jederzeit änderbaren Zugriffsbeschränkungen. Dinge, die ich absolut privat halten möchte, werden das Internet daher nie berühren.
Alles, was man über mich im Internet findet reichert daher in Wirklichkeit meinen Layer of Deception an: Die Massen an Informationen, die alleine durch die Menge den Anschein erwecken, man könne alles über mich herausfinden bilden einen dicken Puffer zwischen der Öffentlichkeit des Netzes und meiner tatsächlichen Privatsphäre.
Ich fasse hier mal die Kommentare zusammen, mit denen ich heute Twitter vollmülle...
21.05: Der gruselige Evil Twin von @wilw singt sein Liedchen vom letzten Jahr noch mal an. Dann das Vorgeplänkel. Wie schon in den Halbfinalen etwas altbacken. Oder war diese hölzerne Siebziger-Jahre Moderation á la Deutsche Welle Polen so beabsichtigt?
21.11: Der Engländer mit der Engelbert Humperdink Maske versetzt einen tief in die Siebziger. Tröpfelt gemächlich vor sich hin, das Liedchen und ist nach dem Intro sehr plötzlich vorbei. Damit kann England auch dieses Jahr wieder ganz weit nach hinten kommen.
21.16: Ungarn mit dieser seltsam generischen Nummer, die ungefähr drei interessante Töne hat. Sagte ich drei? Lass es vier sein.
21.21: Juhu, Albanien: Jetzt kommt meine persönliche Favoritin. Hau's raus, Röhre! Und mach wieder diese lustigen Grimassen! Beim zweiten Mal hören noch viel besser als beim ersten Mal. Schade, dass sie dabei aussieht wie Mings Tante.
21.24: Der Lithauische Bub hat natürlich nach der albanischen Röhre total verloren. Und diese bekloppten Michael Jackson Moves machen ihn zum ersten wirklich albernen Highlight des Abends.
21.28: Bosnien: Ist dann langsam mal gut mit Balladen? Die Schwester von Katja Ebstein mit der Käferverkleidung jammert mich in den Schlaf. Jaja, Filmmusikkomponistin. da sind dann sicher keine Actionfilme.
21.31: Mal sehen, ob die russischen Omas noch vollzählig sind, da weiß man ja nie - kann nach vier Tagen ja schon mal eine fehlen... Ich weiß dass das der Favorit ist, mir singen die aber zu böse daneben, um sie gut zu finden. Mehrstimmig sind die doch nur aus Versehen.
21.37: Die Isländer haben so ungefähr sieben verschiedene Lieder, die überhaupt nicht zusammenpassen in einen Topf geschmissen und singen die jetzt durcheinander weg. Schade, Island hatte mal nen guten Lauf, als sie noch bei denen dabei waren, die die richtig schrägen Sachen abliefern.
21.41: Juhu, endlich mal was total albernes. Zypern mit ner Tanzgruppe in ner Mischung aus Lolitaoutfit und griechischen Priesterinnenkostümen. Schade um die Sängerin, die mit nem richtigen Lied vielleicht sogar ganz gut sein könnte.
21.44: Frankreich macht mal wieder total seltsame Dinge auf der Bühne. Aber heute wollen sies wohl wissen. Halbnackte Tänzer, Trickkleid, Windmaschine, Lied von einem Klon von David Guetta... Wird aber sicher nichts. Frankreich hat ja keine Freunde.
21.49: Wo wir bei Klonen sind. Die Amy Winehouse Imitation aus Italien kommt nicht ans Vorbild ran, egal wie sie sich anstrengt und egal wie sehr das Lied bei ungefähr drei Winehouse-Songs geklaut ist.
21.53: Estland: Beim zweiten mal hören fällt erst recht auf, wie öde generisch das Lied ist. (Und alle Mädels so: "Aber der ist doch so süß")
21.56: Norwegen macht wenigstens mal richtig Eurovision: Casting-Clown, Neunziger-Disco, lustiges "wir-sind-so-dynamisch"-Gehopse. Ach, ich geh mal pinkeln.
Den besten Tweet zu Norwegen hat @bov rausgehauen.
22.02: An der Azerbaidschaischen Sängerin sieht ja gar nichts echt aus. Gruselig. Und der Backgroundjammerer geht einem fies auf die Zähne. Sam Brown hat das Lied damals besser performt.
22.07: Rumänien gewinnt dieses Jahr den Preis für den sinnlosesten Refrain-Text, die angemalteste Sängerin und den heftigsten Pyrotechnikverbrauch.
22.11: Die Dänische Schülerband mit der Schlagzeugerin, die nur durch den Mund atmen kann. Betroffenheitslyrik aus der Literatur-AG. Und die eine Kollegin kann kein Instrument und spielt daher Ohrensessel.
22.16: Auf die Griechen kann man sich verlassen. Die haben jedes Jahr am wenigsten an und kommen seit 20 Jahren mit dem selben Lied.
22.18: Schweden. Meine persönliche Nummer 2, wegen der irren Stimme und wahrscheinlich die Siegerin. Und sie hat konsequent alle Moves der jungen Kate Bush geklaut.
22.23: "Hajo, hallo! Isch bins, der Bätmän." - "Nein, isch bin der Bätman!" - "Nein! Wir sind alle der Bätmän!" Nur der Sänger, der ist nicht Batman.
22.28: Spanien. Überraschung. Hui, kann die singen. Und was für ein hübsches Lied (also, Aussagen wie "hübsches Lied" muss man natürlich im Kontext lassen. Außerhalb des ESC gelten da ganz andere Regeln). Die Backgroundsängerinnen hätts nicht gebraucht.
22.32: Das deutsche Liedchen plätschert so vor sich hin. Nach der Spanierin kommt der schon arg billig rum. Eurovision ist das ja wahrlich nicht. Wo ist denn sein Trickkleid?
22.38: Malta hat das langweiligste Lied und die langweiligsten Buben hingeschickt. Also was sonst England so bringt und damit auf dem letzten Platz landet.
22.40: Mazedonien. Fängt als Schmalz-Ballade an und man freut sich schon, dass die Sängerin mal in einem Alter ist, wo man ihr das tragische Gejammer mal abnimmt. Und dann machen sie so ne Rocknummer draus, in der sie so fehl am Platz erscheint wie zwanzigjährige, die schwermütige Schmachtsongs singen.
22.44: Die spinnerten Iren wieder. Lasst die ruhig jedes Jahr mitmachen. Dieses Jahr hauen die aber leider nicht so rein wie letztes Mal.
22.49: Ach, jetzt kommt Serbien mit dem geklautesten Song des Abends.
22.52: Die seltsame Frau, die "laut singen" und "wie bekloppt brüllen" verwechselt.
22.59: Moldavien macht den #esc nochmal mit ner echten Vollpfostentanznummer zu. Oder tanzen die ihre Namen? Wie kann man eigentlich ganz hübsche Tänzerinnen in so bescheuerte Lampenschirme stecken und drei Minuten wie Vollhonks rumhüpfen lassen? Ach so, das Lied? Hab ich vergessen.
So, jetzt mach ich ne Weile Pause. Die ganze Auszählerei und so ist ja nicht wirklich berichtenswert, nehme ich an. Bis gleich, wenn die Ergebnisse da sind. Ich wäre ja für Albanien oder Schweden als Sieger.
23.50: Halbzeit der Auszählung. Schweden auf eins. Allerdings noch nicht ganz so klar vorne wie ich dachte.
00.29: Anke Engelke macht bei der Stimmabgabe ein politisches Statement: "It's good to be able to vote and it's good to have a choice. Europe is watching you!". Und man wünschte sich so sehr, dass es andere doch auch geschafft hätten. Am Ende gewinnt Schweden tatsächlich haushoch, ich finde das Lied noch etwas eine Stunde lang super, dann vergessen wir die Lieder von heute Abend schnell wieder und hören ab morgen wieder gute Musik. Hat Spaß gemacht mit euch. Gute Nacht.
Ich sammel mal andere Meinungen/Liveblogs:
Bei jawl haben Christian, IsaBerlin und Petra gebloggt.
Natürlich haben Stefan und Lukas den höchsten Output abgegeben.
Und bei boingboing hat sich ein Amerikaner zum ersten mal den Song Contest angetan.
Das Prinz-Liveblog und das mit massig (selbstverständlich unnützen) Seiteninfos gefüllten Liveblog von queer fand ich dann von den "journalistischen" die schönsten.
Am Ende hab ichs doch noch geschafft, meine Notizen fertigzuschreiben. Hier nun mit einiger Verspätung Tag Drei der re:publica (nicht dass es noch jemanden interessieren würde...):
- Heute morgen haben wir zum ersten mal den Weg von unserer Unterkunft zur Station ohne Umweg gefunden und festgestellt, dass man gerade mal sieben Minuten braucht. Ich bin also schwer dafür, die nächsten dreißig re:publicen... re:publicae... re:publicaten auch wieder dort zu veranstalten.
- Wie immer ist für mich der letzte Tag am entspanntesten. Ich kenne mich aus, es gibt klare Abläufe und Rituale, ich fühle mich zu Hause zwischen all den anderen wunderbaren Internet-Menschen und ich freu mich auf die gemeinsame Bohemian Rhapsody, die uns den Abschied leichter machen wird (dazu später).
- Angeschaut hab ich mir auch ein paar Sessions, es ging um Urheberrechte und um populäre Musik die leider im Gegensatz zu heute früher durchaus auch oft politisch war. Dann um den @regsprecher, der tatsächlich einen sympathischen Eindruck machte, was man ruhig zugeben darf, ohne dass man gleich in Gefahr geraten muss, demnächst CDU zu wählen. Außerdem hat Jens ihn mit seiner Frage nach der mangelhaften Umsertung des Informationsfreiheitsgesetzes aus der Plauderkomfortzone raus zu müssen. Die glitschige Um-den-Brei-Rethorik mit der er der Frage ausweichen wollte veranlasste die Moderatorin denn auch, ihm sehr freundlich noch mal klar zu machen, dass wir hier ja nicht doof sind und er davon ausgehen dürfe, dass wenn wir solche Fragen stellen wir schon wüßten, dass da was knkretes im Argen ist.
- Ohne zu Übertreiben würde ich dann sagen, dass eine re:publica ohne eine der Predigten von Felix inzwischen nicht mehr vollständig wäre. Natürlich weiß man irgendwie alles, was er so sagt. Aber ich finde seine Defnition des Internets so wichtig, dass wenigstens einmal im Jahr daran erinnert werden muss, dass es nicht um Klicks, Technik, Geld verdienen, Werbung, Daten oder Organisation derselben geht. Wenn das Internet allein von Sascha Lobo beschrieben worden wäre würde man nur die Hälfte sehen. Dass Felix jedes mal auch den menschlichen Aspekt einmahnt macht die Beschreibung für mich erst rund. Wo die Relevanz für Lobo in der Außenwirkung gesucht wird stellt Felix die ganz persönliche Relevanz in den Fokus - eine Sicht, die mir sehr viel mehr entgegenkommt und weit über die mir oft viel zu eng gefassten Relevanzkritien "direkte Reichweite" und damit verknüpfte "Monetarisierbarkeit" von dem hinausblickt, was man so mit und im Internet machen kann.
- Kathrin Passig, die weibliche Ausgabe von Felix, machte an dieser Stelle auch gleich weiter, indem sie die generelle vermeintliche Relevanz der Technik in die richtige Relation setzte indem Sie die völlig überzogene Kritik (unabwendbarer Weltuntergang) und die Euphorie (selbstverständlicher Weltfrieden) über diverse technische Errungenschaften der letzten Jahrhunderte vorstellte und die Ansicht vertrat, dass eventuell der Einfluss von technik auf die Gesellschaftsverhältnisse eher nicht so revolutionär sind wie man es sich vorstellt, wenn man selbst soeben damit konfrontiert wird.
- Die Verabschiedung war schön, die Helfer bekamen zu Recht viel Applaus und am Schluss spielte eine Band ziemlich vergeblich gegen die Enttäuschung an, dass wir nicht traditionell gemeinsam die Bohemian Rhapsody sangen. Wie konnte man uns das nur verweigern? Es war in den letzten zwei Jahren so schön, dass sich damit alle gemeinsam noch mal gemeinsam feierten. Ich wollte nicht besungen werden,das ist nicht dasselbe. Aber wir wurden versöhnt, denn die Bohemian Rhapsody wurde am Ende doch noch gesungen. Alles ist gut.
- Der Tag begann anders als gestern mit einem ausgiebigen Frühstück. Und diesmal haben wir den Weg schon ein bisschen besser gefunden. Morgen wissen wir ihn dann.
- Wie schon in den letzten Jahren verbrachte ich den zweiten Tag fast nur in Sessions. Ich glaube nicht, dass es viel bringt, die ausführlich zu beschreiben. Ich hab mir viel aus dem Segment angesehen, in dem es um Aktivismus geht. Was den Stand der Dinge im nahen Osten und in der damit verbundenen Szene so angeht fühle ich mich jetzt wieder ziemlich auf dem Laufenden.
- Die ÜbermorgenTV-Session war in dieser ganzen Reihe die am wenigsten staatstragende Session, aber ich habe diese kleine Abwechslung genossen. Und gesagt hab ich auch was, wenngleich auch die direkte Übernahme der im Film genutzen Neuwortschöpfung "Branf" nur Mario und ich witzig fanden.
- Ein wichtiges Highlight heute möchte ich dennoch einzeln erwähnen. Und zwar die Session "The Dark Side of Activism" wo es darum ging, daß man als Aktivist nicht nur die Ziele seiner Aktivität im Auge behalten sollte sondern auch auf sich und andere Aktivisten aufpassen muss - wobei es dabei nicht etwa um Gefahren durch Überwachung oder Repressionen ging. Es ging darum, einen Burnout zu verhindern, der zu Depressionen führen kann, die ganz konkret sehr gefährlich werden können, wenn da niemand hinschaut und eingreift oder schlimmer noch, abgetan wird. Dem Theorieteil war etwas schwer zu folgen, aber nachdem Stephan seine persönliche Geschichte ausrollte wurde das Thema sehr greifbar und die Tips, wie man selbst und wie die Gruppe die Warnsignale erkennt oder besser noch eine Situation verhindern kann, in der Menschen sich in einer permanenten Extrembelastung wiederfinden, waren praktisch und einfach. Für mich war diese Session eine der wichtigsten der Veranstaltung. Die ruhige und sachliche Art, in der sie stattfand gefiel mir auch. Dass solche und andere auf ganz konkrete Problemstellungen für diejenigen, die dieses Internet zu genau dem großartigen, gesellschaftsveränderndem Tool (Keine Sorge, Kathrin Passig, ich halte mich mit weiteren Prophezeiungen zurück) machen, ausgerichtete Sessions so breiten Platz im Programm bekommen ist meiner Meinung nach das, was die re:publica zu dieser besonderen Veranstaltung macht, die sie ist. Ich hoffe inständig, dass das so bleibt.
- Was auch bleiben sollte, sind solche Sessions wie die unglaubliche Spam-Lesung am Abend. Und dass diese Sachen nicht irgendwo in der Ecke sondern auf der verdammten Hauptbühne stattfinden.
- Was zwischendurch immer klappt - und das liegt an der großartigen Location und wie intelligent man diese genutzt hat - ist, mit irgendwelchen Menschen ins Gespräch zu kommen. Ich hab leider dieses miserable Namensgedächtnis, aber zumindest Malte hab ich mir gemerkt, bzw. sein Blog aufgeschrieben, der uns erzählte, dass er gleich mal mit einem kompletten Uni-Kurs hier war.
- Der Abend nach einem ganzen Tag Informationsaufnahme war extrem entspannt, ich hatte ein ganz wunderbares Gespräch mit Patrick (über dessen Inhalt er hier weitergedacht hat) und als auch noch Roland auftauchte war ich vollends in diesem typischen, inspirierenden re:publica Rausch angekommen.
- Nur, dass ich Anke auch heute nicht gefunden habe hat mich etwas geärgert, aber ich las zwischendurch ja, dass sie so wie ich auch heute nur von Session zu Session sprang, da war das jetzt nicht so verwunderlich. Morgen halt.
- Früh genug angekommen, um ohne lange Wartezeiten einzuchecken.
- Die neue Location ist zunächst irritierend, reagiere anfangs etwas autistisch. Nach ner Weile gehts aber - vor allem, weil ich mir diesmal vorgenommen habe, die Flucht nach vorne zu machen und einfach jeden anzuquatschen - und bis zum Abend war ich auch restlos begeistert von der Station. was für ein großartiger Ort.
- Begrüßung sehr nett, der Politiker den ich als Nichtberliner zum Glück überhaupt nicht kennen muss, langweilt ein wenig und als ein bärtiger Herr mit Plauderstimme zehn Minuten redet ohne dass ich auch nur im geringsten verstehe worüber verschwinden wir in die Halle um zu gucken, wer so da ist.
- Auf dem Affenhügel (Ausdruck bei Twitter aufgeschnappt) gesessen und versucht, trotz meines schlechtes Gesichtergedächtnisses so viele Leute zu erkennen wie möglich. Hat erstaunlich gut geklappt und ich fürchte, ich hab gar nicht Prosopagnosie sondern nur ein mieses Gedächtnis. Was natürlich sein kann ist, dass ich immer noch Tausende nicht erkannt habe, die jetzt denken, was ich doch für ein elitäres Arschloch bin.
- Vom Programm nichts mitbekommen. Das liegt aber nicht wie bei den letzten Veranstaltungen daran, dass ich mich nicht in die überfüllten Sessions setzen wollte sondern dass ich mit Sven ein paar Stunden für ein Interview am Reichstag herumlungerte. Das war sehr lustig und ich hoffe, dass Mia am Ende genug Material hat, aus dem man was machen kann. Wir haben nämlich eigentlich die ganze Zeit Blödsinn gemacht. Wobei: Wenn am Ende nur der Blödsinn gesendet wird ist das ja auch gut.
- Mit Udo in der großartig knallenden Sonne gestanden und Bier getrunken. Dabei die Berliner Memmen ausgelacht, die über die Hitze gejammert haben.
- Sascha Lobos Vortrag war wie immer sehr unterhaltsam. Er hat einige ganz gute Punkte gestreift, war aber dieses mal irgendwie arg zerfasert und noch oberflächlicher als man es gewohnt ist. Und der Ton war komisch eingestellt. Oder lispelt er seit neuestem wirklich so stark?
- Ich habe Anke nicht gefunden. Aber wir haben getwittert.
- Mehr Links bau ich hier wahrscheinlich heute Abend oder Montag ein. Oder gar nicht.
Nächste Woche bin ich in Berlin wieder auf der re:publica. Da meine Einreichung dieses Jahr nicht durchkam diesmal nur als Zuschauer, was auch ganz nett ist. Ich bin sehr gespannt auf die neue Location, die ich wunderbarerweise zu Fuß erreichen kann, indem ich einmal längs durch den Gleisdreieckpark laufe.
Interessanterweise bin ich dieses Jahr zum ersten Mal nicht "alleine" dort - moment, ich meine nicht, dass ich mich da je alleine gefühlt habe, ich habe seit dem ersten Bloggertreffen 2005 so viele wunderbare Freundschaften geschlossen, dass ich immer das Gefühl hatte, ein großes Familientreffen zu besuchen - sondern es kommen diesmal auch einige Menschen, die ich aus anderen Kontexten und vor allem von außerhalb Berlins kenne. Das ist tatsächlich irgendwie spannend für mich, da ich damit etwas fremdle (was sich sicher mit meinem Asperger erklären ließe und nicht an den Leuten lieg, die da kommen).
Direkt Montag gibts auch gleich noch einen Filmtermin, auf den ich mich auch freue, da ich zum ersten Mal überhaupt zusammen mit meinem Zwilligsbruder in einem kurzen Filmbeitrag zu sehen sein werde. Worum es geht verrate ich allerdings noch nicht. Nur soviel: Es wäre ein Teil meines Vortrages für die IA-Konferenz gewesen, die dort nicht genommen wurde. Selber Schuld :-b
Jedenfalls bin ich schon total aufgeregt und ich freue mich irrsinnig, Caro, Felix, Nuf, Nilz, Don und all die vielen anderen tollen Leute wiederzusehen, die ich seit Jahren ins Herz geschlossen habe. Das wird so toll!
(Übrigens: Mich kann gerne jede/r anquatschen. Ich bin total umgänglich und lieb, nur bei Veranstaltungen mit vielen Menschen auch gern ein totaler Blindfisch.)
Seit ein paar Jahren bin ich Anfang des Jahres immer für ein paar Tage in Berlin. Die letzten drei Jahre wegen der Re:Publica, aber als ich heute alte Fotos durchklickte stellte ich fest, dass ich auch davor schon nahezu jedes Jahr im März oder April einen Ausflug nach Berlin gemacht hatte.
Vielleicht verbinde ich deshalb damit den Beginn meines Jahres - also der Zeit, in der ich aus dem Winterschlaf und der schlechten Laune des Jahresbeginns herausfinde und wieder in einen konstruktiveren Modus komme. Gestern bin ich zurückgekommen von vier Tagen Berlin, in denen ich eigentlich nicht viel gemacht habe außer zu versuchen, mich zu erholen. Was nicht sehr leicht ist, wenn man eigentlich schlecht gelaunt und unruhig ist, weil man das Gefühl hat, es geht grade nicht weiter bzw. man nicht weiß, wo und wie man das Jahr endlich mal anfangen kann.
Aber es ging. Eineinhalb Tage hat es gedauert, dann war ich mit der Situation halbwegs im Reinen und ich konnte damit beginnen, mich zu entspannen. Am Freitag trieb es mich fast fluchtartig aus dem Haus und bin dann durch die Ecken von Berlin spaziert, in denen ich Anfang 2001 das erste mal gewesen bin.
Ab da wurde es besser. Ich hab mich zu einem gemütlichen Käffchen und Bier mit Stephan getroffen und am Samstag war auch das Wetter dann so schön, dass wir uns so lange in den Park und zu Grillfleisch und Mate den Biergarten setzen konnten bis ich mir damit den ersten leichten Sonnenbrand erarbeitet hatte. gestern dann hatten wir eine derart friedliche Heimfahrt, dass ich sehr entspannt zu Hause ankam.
Eine echte Idee für "wie gehts dieses Jahr weiter" hab ich zwar immer noch nicht, aber der Frust und die Unruhe sind weg. Das allein tut mir schon so gut, dass ich mich viel besser fühle als vor dem Urlaub. Und darum ging es doch. In zwei Wochen dann bin ich wieder in Berlin und ich bin gespannt, ob ich dann mit einer guten neuen Idee für's Jahr zurückkomme...