Ich bin ja meistens bei Sascha Lobos Kolumnen weitgehend bei ihm, aber bei der aktuellen finde ich, springt er mit seiner Klage gegen Exzessurteile arg kurz.
Einmal ist es so, dass vom Extrem auf das Allgemeine geschlossen wird, ein Medienphänomen ist, das wir in etwa über die letzten 20 Jahre internalisiert haben und irgendwie gar nicht mehr in Frage stellen. Diese Logik, die versucht, ein Bild der Gesamtheit aus der Betrachtung von Einzelphänomen zu ermitteln nennt sich Induktion (im Gegensatz zur für die Bewertung einer Gesamtbetrachtung einer Situation eigentlich notwendigen Deduktion - also die Ableitung des relevanten Details aus der Analyse des Gesamtbildes) und ist per se schon meistens eine logische Fehlleistung, wie David Hume schon vor sehr langer Zeit festgestellt hat.
Die allerdings in der Kombination mit der reinen Betrachtung der Extreme und damit der nicht mal mehr versehentlichen Eliminierung der tatsächlichen empirischen Verhältnisse und Bandbreite gekoppelt - was Journalist*innen gerne "Zuspitzung" nennen - führt zu einer oft hyperventilierenden, weil völlig übertriebenen und verzerrten Fehlwahrnehmung und -beschreibung der Realität. Wenn man sich zB im Fall der Coronamaßnahmen die tatsächlichen Verhältnisse anschaut (75-80% der Menschen sind für Pandemiemaßnahmen und mehr und mehr davon gehen sie nicht weit genug, 20 -25% gehen sie zu weit) und dann schaut, wie die mediale Interpretation uns dennoch ständig als eine unvereinbar gespaltene Gesellschaft beschreibt, ist die Diskrepanz ja immens.
Das funktioniert so nur deswegen, weil man die jeweiligen (wahrscheinlich sogar immer noch zu hoch angesetzen) 10% "radikalen Gegner" und 10% "radikalen Befürworter" in der journalistischen "Zuspitzung" als eine 50:50 Ratio betrachtet und beschreibt, aber die 80% dazwischen ignoriert.
Wenden wir Deduktion an, dann erkennen wir das eigentlich viel wichtigere Detail, nämlich, dass sich die Ablehnung der Maßnahmen seit über einem Jahr gar nicht groß verändert hat - die ist nämlich stabil zwischen 20% und 25%. Was sich aber verändert ist der Anteil derer, denen die Maßnahmen nicht ausreichen. Das waren nämlich erst 15%, dann 20%, dann 35% und inzwischen gut 50%. Es geht also in Wirklichkeit gar nicht darum, dass man einen Kompromiss zwischen "zu wenig" und zu viel" finden muss. Denen, denen das "zu viel" ist, ist ohnehin immer alles zu viel und da hilft auch kein Kompromiss. An dieser Gruppe ändert sich auch nichts. Wenn wir also wirklich daran interessiert sind, wo eine Diskussionsline verläuft und wo es wachsende Unzufriedenheit gibt, müssen wir ganz woanders hinsehen. Und diese Stelle ist gar nicht so schwer zu finden, wenn wir deduktiv rangehen statt induktiv.
Wir haben uns aber offenbar schon so sehr daran gewöhnt, dass wir inzwischen ebenfalls viel zu oft induktive Logiken anwenden statt deduktive. Das ist schade, denn gerade diejenigen, die sich in ständiger Alarmstimmung befinden und darunter auch leiden, könnten hier prima ihre selbstgemachte, völlig unnötige Misantropie, in die sie sich dadurch manövriert haben, abbauen.
Seit fast 10 Jahren erzähle ich, dass immer mehr Menschen - und darunter eben lange nicht mehr nur die jungen - diese lähmende Progressionsbremse durch unsere bewegungslose Verwaltungsregierung über haben und die erste Partei, die zumindest mal die Bereitschaft zeigt, diese zu lösen, davon profitieren wird. Ich hatte das zwischenzeitlich so ein bisschen tatsächlich auch wieder der SPD zugetraut - speziell wegen Frau Esken - aber die interne Lähmschicht sitzt da einfach zu fest und erstickt alle Versuche im Keim.
Jetzt sinds also die Grünen.
Was ich auch schon lange erzähle ist, dass "Konservativ" nicht "politisch Rechts" ist und dass es wesentlich mehr konservative Menschen gibt als Rechte. Warum also so viele Parteien - und mit Wagenknecht inzwischen selbst Die Linke - sich so an rechtsextreme Positionen (Rassismus, Nationalismus, Sozialdarwinismus, Autoritarismus) ranschmeißt, ist mir nur so erklärbar, dass man die große Zielgruppe der Konservativen ansprechen will, die aber mit Rechten verwechselt. Wir wissen aber eigentlich, dass antidemokratische rechte Positionen seit den 60ern stabil von maximal 20% der Bevölkerung geteilt werden und somit selbst wenn die alle wählen gehen würden, nie eine signifikante Mehrheit darstellen werden.
Dass zB Naturschutz und eine gesunde, stabile Zukunft für unsere Kinder, humanistische Werte und eine pluralistische Gesellschaft durchaus auch Teile eines konservativen Weltbildes sind und sich das direkt mit den typischen rechten Weltuntergangs- und Verschwörungskulten beißt, scheint irgendwie nicht aufzufallen (und ist btw. auch der Grund, warum auch Linke rassistische und autoritäre Parolen schwingen können ohne sich dabei konservativ zu fühlen).
Nun machen die Grünen einfach mal genau diesen humanistisch-konservativen Chancenraum auf und schon gehen die Zahlen hoch. Ich finde das nicht überraschend (wie gesagt, dass viel mehr Menschen auf sowas warten als auf rechten Populismus vermutete ich ja schon länger und mein Beweis war das kurze, aber helle Aufflackern der Hoffnung, als Schulz für einen Moment diese Tür aufmachte - aber dann wieder schloss).
Aber ich freu mich, dass es jetzt so aussieht, als ob sich was bewegt. Verhalten. Verkackt das jetzt nicht.
Was soll man über 2020 sagen, was nicht eh schon alle wissen? Corona war der bestimmende Faktor und wir nehmen die Pandemie sehr Ernst: Ich habe noch nie über so lange Zeit so wenige Menschen gesehen. Seit Anfang März bestehen meine festen Sozialkontakte vor allem aus unserem kleinen Quarantänecluster von 4 Personen. Seltene Ausnahmen gab es, dann aber draußen und mit Abstand bzw. mit Menschen, die auch vernünftige Cluster gebildet haben. Und so wird es wohl auch noch 2021 für eine ganze Weile weiter gehen.
Die Beschäftigung mit mehr privaten Themen, die letztes Jahr schon dafür sorgte, dass ich nicht mehr so viel blogge als früher, hat sich dadurch natürlich auch fortgesetzt. Beruflich bin ich - unter den gegebenen Umständen, in denen ich keine Workshops mehr geben kann, die normalerweise etwa ein Drittel meiner Arbeit ausmachten - okayisch durchgekommen. Erfreulich war, dass gleich zwei Projekte, in denen ich mitarbeitete, Preise bekommen haben. Einmal der Delfin-Shitstorm für Followfisch von letztem Jahr und zum anderen die Recruitingkampagne für das Justizministerium NRW, für dessen Social Media Part ich verantwortlich gewesen bin.
Was aber das Jahr hauptsächlich hervorhebt ist eine rein private Veränderung: Seit 2003 wohne ich alleine bzw. seit 2016 mit Sohn Nummer 2. Im Sommer haben Eva, Luna und ich aber eine absolute Traumwohnung in Wuppertal gefunden, zu der wir unmöglich Nein sagen konnten. Sie ist riesig und ein bisschen wie wir auch herrlich verschroben mit ihrer Mischung aus mondäner Gründerzeit-Villa, einem "Rittersaal", einer riesigen Küche in einem Wintergarten und völlig verrückten DIY-Kram wie eine selbstgebaute Badewanne in die sich 2 Personen lang reinlegen können ohne sich zu berühren oder ein Zimmer, in das man nur über eine winzige Wendeltreppe kommt. Dazu gibt es einen tollen Garten - noch etwas, was ich schon sehr lange nicht mehr hatte.
Nun aber zum alljährlichen Fragebogen:
Zugenommen oder abgenommen? Etwas abgenommen (bin im Durchschnitt bei 75 Kilo).
Haare länger oder kürzer? Gleich kurz.
Kurzsichtiger oder weitsichtiger? Die Kurzsichtigkeit hat ein gutes Stück verringert, die Nahsicht ist dafür schlechter geworden. Es wurde daher Zeit, dass ich mit dieses Jahr eine neue Brille besorgt habe.
Mehr bewegt oder weniger? Corona macht Unternehmungen schwer und ich saß sicher länger und öfter nur am Schreibtisch zu Hause als sonst schon, aber andererseits dürfte es durch Evas Umzug und dass die neue Wohnung und der Garten durchaus auch mehr Arbeit sind, insgesamt doch wieder gleich geblieben sein.
Mehr Kohle oder weniger? Weniger. Corona hat mich nicht so sehr erwischt wie andere, aber dass ich seit Anfang März keinen einzigen Workshop mehr hatte macht sich doch bemerkbar.
Mehr ausgegeben oder weniger? Mehr. Was natürlich mit der Antwort auf die letzte Frage ein gewisses Problem darstellt. Wobei der Bärenanteil ans Finanzamt ging.
Der hirnrissigste Plan? Das ist ja immer die Frage, bei der ich die größten Schwierigkeiten habe. Hirnrissige Pläne mache ich ja eigentlich grundsätzlich nicht und deswegen bin ich hier eh schon immer am herumtricksen. Dieses Jahr gab es aber nicht mal die Idee eines hirnrissigen Planes.
Die gefährlichste Unternehmung? Auch hier ist es so, dass ich selten eine wirklich passende Antwort habe. Klar ist eine neue Wohnung zu mieten, und das in coronazeiten, finanziell sicher ein gewisses Risiko. Aber gefährlich ist auch das nicht. Ich hätte sehr gerne überhaupt irgendeine Unnternehmung gehabt. Aber alle LARPs (ich wäre im Mai wieder in Spanien gewesen) wurden abgesagt und die re:publica fand auch nicht statt.
Der beste Sex? Ja.
Die teuerste Anschaffung? Ein neuer Rechner, der sicher die nächsten 5 Jahre problemlos mithalten kann. Nachdem ich den alten immer mal wieder mit Grafikkarten, mehr RAM oder einer schnelleren Festplatte versorgt hatte, war der jetzt nicht mehr wirklich aufrüstbar. Und wenn ich mir ein komplett neues System zusammenbaue, muss es sich auch wirklich lohnen.
Das leckerste Essen? Das tollste daran, eine neue Wohnung zu haben und nicht mehr nur für mich zu kochen ist, dass ich endlich wieder "richtig" kochen kann. Das machen wir auch ausgiebig, so dass ich seit dem Sommer wirklich gut esse und das auch sehr genieße.
Das beeindruckendste Buch? Man sollte denken, dass man in einer Pandemie mehr liest. Tatsächlich ist lesen aber etwas, für das ich in einer anderen Stimmung sein muss, als immer im Halbalarm. Ich lese halt nicht, um mich abzulenken. Dafür funktionieren Serien gucken und Computerspiele besser.
Der ergreifendste Film? Dieses Jahr hab ich zwar wenig gelesen, dafür aber viele Filme geschaut - vor allem solche, die ich im Kino verpasst habe. "A Wonderful Day in the Neighbourhood" war der letzte davon. Der war schon ergreifend. Aber als Tip möchte ich gerne "Dispatches from Elsewhere" loswerden. Ist zwar kein Film, sondern eine kleine Serie (10 Folgen), aber ich finde trotzdem, das sollte man gesehen haben.
Die beste Musik? Selbstgemachte. Ich hab meine Klavierskills inzwischen an einer Stelle, an der es mir wirklich Spaß macht, meine eigene Musik zu hören.
Das schönste Konzert? Wenig verwunderlich gabs dieses Jahr keine Konzerte. Am nächsten dran war die Skald TV Stream Launch Party am Tag, als eigentlich das Conquest gestartet wäre, das dieses Jahr wie alles andere leider ausfiel.
Die meiste Zeit verbracht mit...? ...meinem Cluster: Eva, Luna, Lewin und in den letzten Monaten Alex. In den letzten Jahren waren die Antworten auf diese Frage ja immer ein bisschen getrickst, weil ich natürlich eher was rausgepickt hatte, womit ich mich mehr beschäftigt hatte als sonst. Dieses Jahr ist es tatsächlich so, dass ich die Frage wörtlich nehmen kann.
Die schönste Zeit verbracht damit...? ...Dinge in und mit der neuen Wohnung und im Garten zu machen. Ich hab ja immer mehr so praktisch (oder eher faul) gewohnt. Jetzt ist es zum ersten mal so, dass wir eine Wohnung deswegen genommen haben, weil sie perfekt zu uns als Menschen passt, nicht nur zur Situation.
Vorherrschendes Gefühl 2020? Das ist echt nicht einfach zu beantworten, weil es so viele unterschiedliche und gegensätzliche sind. Da ist so viel Freude und Aufregung über den neuen Lebensabschnitt, wie schon lange nicht mehr. Dann bin ich traurig, weil ich seit März nicht mehr mir liebe Menschen besuchen kann, Anspannung und Erleichterung weils mit der Kohle grade so hingehauen hat, Sorge wegen der engen Auftragslage und so weiter... wo die Welt um uns zum Stillstand gekommen ist, sind die Emotionen in diesem Jahr in ständiger Bewegung.
3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? 1. Dass die Post meinen Steuerbescheid einen Monat lang verschlampt hat und ich deswegen echt Stress bekam. 2. Frauke nicht besuchen zu können. 3. Dass unsere Landesregierungen zu blöd sind und vor allem wegen dieser aus rein ideologischen Gründen aufrecht erhaltenen Schulpräsenzpflicht den Pandemieherbst derart vermasselt haben.
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Dass wir die Wohnung unbedingt haben wollen. Hat geklappt.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Die Überzeugung, dass man gut mit mir zusammenleben kann.
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? Na, dann machen wir doch jetzt direkt den Mietvertrag.
eingetragen am Jul 11, 2020 von jensscholz in .. gesellschaft
Zig Medien berichten derzeit unisono und mit massiven Reichweiten über die "cancel culture", also den - durchaus gerne wütenden - Widerspruch gegen diskriminierende Thesen und die Forderung nach Konsequenzen gegen Menschen mit Macht und Privilegien, die ihren Status dazu nutzen, besagte Thesen auch sehr laut hörbar und sehr weit sichtbar zu machen.
Eigentlich ist es einfach zu erklären, wie die Idee entstehen kann, es gäbe eine "cancel culture" gegen Menschen, die mehr Geld, Einfluss und Reichweite haben als ihre Kritiker*innen je haben werden, und zwar - wieder mal wie so oft bei Konservativen - mit einer simplen Projektion.
Minderheiten sind seit jeher leise gehalten worden, ignoriert worden und kamen in Kultur, Medien und in öffentlichen Diskursen kaum oder gar nicht vor. Also genau das, was als "cancel culture" bezeichnet wird. Wenn nun genau diejenigen, die über die Reichweite verfügen, sie bereitstellen (oder verweigern) und nutzen können, plötzlich selbst über "cancel culture" klagen sehe ich das so, dass sie eigentlich sehr gut wissen - oder ahnen -, dass es ihnen in diesem System ganz gut geht, das allerdings auf Kosten anderer passiert, und daran plötzlich permanent erinnert zu werden ist natürlich unangenehm.
Da diese Menschen aber auch die Instrumente und Mechanismen kennen, mit denen Minderheiten aus Medien und Reichweite gehalten werden, erkennen sie die natürlich auch wieder, wenn sie plötzlich mal auf der Empfängerseite stehen - zB wenn öffentliche Empörung plötzlich einen hörbaren und spürbaren Druck erzeugt. Den spüren sie freilich auch sofort und richtig gut, denn der ist ja neu und ungewohnt. Das einzige, was sie nicht reflektieren, ist ihre privilegierte Position gegenüber der diskriminierten Position ihrer Kritiker*innen (selbst wenn letztere ausnahmsweise mal etwas besser sichtbar sind - das passiert aber nicht durch das System, sondern trotz des Systems).
Und sie bekommen nun Angst, dass ihnen das passieren könnte, was anderen seit jeher passiert (Spoiler: kann es ja nicht, ihre privilegierte Position hat sich ja nicht geändert, aber es ist ja was neues und das amplifiziert die Ängste natürlich). So sehen sie sich plötzlich als Opfer einer Meinungsmacht und fühlen sich in der Minderheit. Weil jemand mit ihnen Dinge tut, die eigentlich sie anderen antun.
Daher ist das diese typisch konservative Projektion: Sie hinterfragen gar nicht das System, sondern sie gehen davon aus, dass ihre Kritiker*innen genauso sind wie sie selbst. Der Vorwurf einer "cancel culture" verrät daher ungewollt, dass es diese auch wirklich gibt. Allerdings wird sie seit jeher von denen betrieben, die sich nun lautstark über sie beschweren. Sie wollen sie nämlich eigentlich gar nicht abschaffen, sie wollen nur weiter alleine diejenigen sein, die sie nutzen.
The signatories should swallow their own medicine. If, as the letter itself suggests, the way to defeat bad ideas is "by exposure, argument, and persuasion, not by trying to silence or wish them away," let the people expose, argue and persuade — rather than silencing them, or wishing them away.
eingetragen am Apr 23, 2020 von jensscholz in .. gesellschaft
Ok. Hier mal ein einfaches Vorgehen für einen vernünftigen, längerfristigen Umgang mit der Pandemie-Situation, will man nicht auf die Politik warten, die statt der nötigen strukturellen Neuorganisation für die kommenden Monate immer nur oberflächliche Regeln für die nächsten 2 Wochen rausgibt:
Begebt euch 2 Wochen in Selbstquarantäne mit den Menschen, mit denen ihr ohnehin jetzt schon physischen Kontakt habt und weiterhin physischen Kontakt haben müsst oder wollt. Viele haben diesen Schritt schon gemacht.
Vernetzt Euch digital mit Freunden und Verwandten, die dasselbe tun. Bildet so ein Netzwerk aus kleinen Quarantäne-Clustern. Je mehr isolierte Cluster sich vernetzen, desto besser. Auch das haben viele schon gemacht. Orientiert das nur zielbewusster auf Schritt 3 hin.
Nach den zwei Wochen Quarantäne können die physischen Cluster beginnen, maximal 2 sichere Kontaktpunkte zu anderen physischen Clustern zu schaffen. Auf diese Weise können Kinder zB sicher die engste Isolation verlassen und wieder miteinander spielen.
Voraussetzung ist, dass sich hier alle 100% einig sind: Das Risiko steigt, sobald einer "cheatet" und zB "halt nur mal die Tante besuchen" wollte, weil die dann den Cluster infizieren kann und der dann die, mit denen physischer Kontakt besteht.
Dann muss Containment erfolgen: betroffene Cluster müssen eh sofort wieder in komplette Quarantäne und die Cluster(ketten), die mit ihnen Kontakt hatten machen das auch. Die Infektionskette ist damit gestoppt und nach 2 Wochen ist wieder klar, ob die Kontaktcluster safe sind.
Das ist ein relativ einfaches System, das ohne hochschwellige Technik oder komplizierten Organisationsaufwand auskommt. Es ist nicht für alle geeignet, aber denen, die das so tun können, geht es schon mal besser.
Und natürlich gilt: Um die anderen müssen wir uns auch kümmern. Wie bei allem gibt es nicht die eine Lösung für alle, sondern viele, die in der Gesamtheit die Sitation für alle verbessern.
Es gibt Menschen, die nicht ständig unter Menschen sind. Nicht weil sie dazu nie Lust haben, sondern weil sie nach Zeiten, in denen sie mit anderen interagieren, erst eine Zeit lang ausruhen müssen. Zu denen gehöre ich. Ich würde zB gerne auf 10 LARPs im Jahr gehen, mehr als 2 schaffe ich aber nie.
Ich arbeite in der Beratung, führe also Workshops durch, mache Coaching und arbeite in ständig neuen Firmen und wechselnden Teams. Das macht mir Spaß, aber auch da suche ich mir inzwischen sehr genau aus, mit und für wen ich arbeite. Kriterien sind zB, dass wenn es nicht grade einen Workshop gibt oder einen anderen sehr guten Grund, vor Ort zu sein, ich zu Hause arbeiten kann. Für Firmen/Agenturen, die verlangen, dass ich selbst zur Erstellung eines Konzeptes oder eines Strategiepapieres vor Ort sein muss, sage ich üblicherweise ab.
Als ich mich 2015 selbständig machte habe ich nicht geahnt, wie sehr mich das entlastet, nicht mehr täglich in ein Büro fahren zu müssen.
Diese Situation - dass soziale Interaktionen mich sehr anstrengen und ich sie daher dort konzentriere, wo ich wirklich Spaß oder Sinn finde - hat auch Vorteile: Ich werde sehr selten richtig krank (mein niedriger Blutdruck und zuwenig Bewegung führt öfter mal zu Wetterkopfschmerzen - but that's quite it) und es ist auch so, dass ich oft darauf angesprochen werde.
Eine Erklärung dafür hab ich heute hier gefunden (via @luca) und ich kann das so nur bestätigen. Demnach verringert schon ein viertel weniger Kontakt gut 60% des Infektionsrisikos. Daher: Hört auf eure Introverts. Die wissen, wie "social distancing" funktioniert.
Ich bin ein großer Verfechter von Pluralismus. Viele meiner Blogeinträge handeln davon, nicht in binäre Logik zu verfallen, ein "und" statt ein "oder" zu denken und dass mehrere Lösungen erlaubt und richtig sind, weil Probleme eben viel öfter mehrere Lösungen haben als nur eine. Und wenn man weiß dass es nicht nur einen Weg zum Ziel gibt, kommt man schneller an.
Oft wird die Erkenntnis, dass Dinge mehrdeutig sind, als Belastung und als anstrengend betrachtet. "Kann denn auch mal was einfach und eindeutig sein?" hört man durchaus häufiger in letzter Zeit. Bzw liest diese pseudophilosophischen Bildchen, die genau das propagieren; dass mit genug Abstand alles ganz einfach sei.
Ich meine, dass das Gegenteil der Fall ist und die vermeintliche Anstrengung nur daher kommt, weil wir hier gegen eine etablierte Konvention angehen. Es ist halt nichts einfach, selbst wenn ich alles schön schwarz-weiß male. In diesem Fall funktioniert eine Lösung nur, wenn ich 100% Zustimmung dafür bekomme oder ich so viel Macht habe, dass ich mich über die Verfechter*innen der anderen Seite hinwegsetzen kann. Das ist viel anstrengender und frustrierender (weil man in einer Welt in der es nur gewinnen oder verlieren gibt selbst bei einem Teilerfolg das Gefühl hat, gescheitert zu sein), als mir eine andere, weniger absolute Lösung zu überlegen. Dazu muss ich aber verstehen, dass es eben nicht nur zwei gibt.
Das zeigt auch auf, wieso populistische Parteien erstens niemals kompromissfähig sein werden und zweitens am Ende immer autoritär agieren müssen. Denn ihre absoluten Lösungen werden nie eine 100%ige Zustimmung bekommen, also brauchen sie so viel Macht, dass sie die Ablehnung unterdrücken können. Was an der populistischen Sicht auf Dinge so verführerisch ist: dass sie "einfache Lösungen" verspricht. Die funktionieren aber halt nicht - zB weil Ausländer eben nicht Schuld an Altersarmut sind und Populisten somit nur Hass oder Angst vor Einwanderern erzeugen, aber eben keine Lösung für Rentner*innen, wodurch die Altersarmut bleibt (oder gar steigt, denn Immigration junger Menschen würde sie ja sogar verhindern).
Ich hatte 2018 ja damit abgeschlossen, dass ich festgestellt habe, dass es sich zäh und anstrengend anfühlte, es mich aber auf einen guten Startpunkt für 2019 gebracht hat. Der Rückblick nun zeigt, dieser Eindruck war richtig. 2019 war vor allem eins: Erfreulich stabil. Es gab keinen Zeitpunkt, an dem ich berechtigt nervös gewesen bin. Ich hab sogar ein Büro gemietet, das ich zusätzlich unterhalten kann - wenngleich es allerdings nicht klappte, es in der Geschwindigkeit auszubauen, die wir vorhatten.
Ich hatte einen tollen LARP-Urlaub über den ich hier eher aus Versehen nichts geschrieben habe. Ich habe sehr viel mit und für meine Liebsten gemacht, worüber ich hier auch nicht schreibe, allerdings mit Absicht. Überhaupt scheine ich - wenn ich grade so auf dieses Jahr zurück blicke - viel gemacht zu haben, was als Themen für meine digitale Persona hier nicht groß ins Gewicht fällt, für mich als Mensch aber sehr wichtig gewesen ist.
Nun aber zum alljährlichen Fragebogen:
Zugenommen oder abgenommen? Ich musste erst 51 werden, um meine erste eigene Waage zu besitzen. Daher kann ich diese Frage nächstes Jahr endlich genau beantworten. Dieses Jahr dürfte sich nichts verändert haben. ich schwanke derzeit zwischen 75 und 78 Kilo.
Haare länger oder kürzer? Gleich kurz.
Kurzsichtiger oder weitsichtiger? Ich denke, dass die Kurzsichtigkeit weiter zurückgegangen ist, aber die Lesestärke nicht mehr passt. Ich muss mir daher Anfang 2020 wohl mal eine neue Brille machen lassen.
Mehr bewegt oder weniger? Ich fürchte insgesamt weniger. Allerdings gab es gegnüber letztem Jahr mehr Aktivitäten, bei denen ich mich in dann der gegebenen Zeit jeweils viel mehr bewegt habe.
Mehr Kohle oder weniger? Mehr. Das letzte Jahr hatte ja auftragsmäßig einige Hänger, dieses war - wie gesagt - sehr stabil und ich konnte die Löcher wieder ganz gut stopfen, die die Jahre 2017 und 2018 in meinen Rücklagen erzeugt hatten. Jetzt hoffe ich mal, dass 2020 das Jahr wird, in dem ich endlich auch einfach mal Geld zum Ausgeben habe.
Mehr ausgegeben oder weniger? Ich glaube, halbwegs gleich, allerdings gefühlt mehr. Grund ist einmal das Büro und die Renovierung und dass ich dieses Jahr keine fünfstellige Summe fürs Finanzamt ausgeben musste (dass 2017 finanziell so mäßig war zahlte sich hier wenigstens aus). Außerdem hatte ich ja mal wieder eine echte Urlaubsreise gemacht.
Der hirnrissigste Plan? Nicht mehr rauchen. Ok, ich hab ja nie Zigaretten geraucht, aber ich habe festgestellt, dass die Zigarillos die ich rauchte - selbst wenn es nur drei am Tag sind - mich schlapp und müde machen. So vor drei, vier Jahren (und ich denke 2015 hatte da maßgeblich mit zu tun) ist mein Konsum von "hin und wieder einen gemütlichen Zigarillo, wenn der Anlass passte" zu "viel zu regelmäßig, um noch als Gelegenheit zu gelten" umgeschlagen. Dieses Jahr hab ich mehrere Male für ein zwei Wochen pausiert und festgestellt, dass es mir dann körperlich durchaus besser ging. Ich finde den Plan allerdings nicht wirklich hirnrissig.
Die gefährlichste Unternehmung? Ich mache ja nichts, was "gefährlich" ist. Zumindest kommt es mir nicht gefährlich vor, weil ich je nachdem um was es geht entweder alles gut durchdacht habe, meine Erfahrung mir die nötige Sicherheit gibt oder ich sehr genau auf mein Gefühl für etwas achte. Daher kann ich auf ein LARP nach Spanien fahren, in dem es um Satanismus, Rausch, Sexualität und Nacktheit geht, ich kann Deutschlands größten Shitstorm des Jahres auf eine Weise vorbereiten, dass er nicht aus dem Ruder läuft und die Message am Ende im Vordergrund steht und ich stelle keine Bedingungen für Menschen auf, die mich lieben und die ich liebe weil ich darauf vertraue, dass alles gut und richtig ist (u.a. deshalb, weil wir miteinander sprechen). Viele dieser Dinge können von außen betrachtet "gefährlich" sein. Ich glaube, wenn man weiß wer man ist und was man kann und wenn man ehrlich mit sich und seinen Gefühlen ist, gibt es keine wirklich gefährlichen Unternehmungen.
Der beste Sex? Och ja, doch. Alles gut :)
Die teuerste Anschaffung? Das dürfte ne Smartwatch gewesen sein. Ich mag ja Gadgets, aber in den letzten zwei drei Jahren hab ich mir da nichts mehr angeschafft und bei VR warte ich noch immer auf das richtige Gerät (kann jetzt eigentlich nicht mehr lange dauern). So ne Uhr wollte ich vor einiger Zeit aber schon mal und dieses Jahr hab ich dann halt mal zugeschlagen.
Das leckerste Essen? Auf dem Walpurgis-LARP in Spanien gab es am letzten Abend ein unglaubliches Schlemmer-Bankett, dessen Höhepunkt eine Ente war, die mit einem Tintenfisch gefüllt wurde. Optisch war das ein wirklich gruseliges, chtulhuiles Monster. Es hat aber wunderbar geschmeckt. Leider ist ausgerechnet das Foto davon nichts geworden.
Das beeindruckendste Buch? Ich hab grade mit Murakamis "Die Ermordung des Commendadore" begonnen und denke schon jetzt, das wird es werden. Liegt aber auch daran, dass Murakami irgendwie immer genau in mein Leben passt, wenn ich ihn lese.
Der ergreifendste Film? Haha, alsoStar Wars wars dieses mal schon mal nicht. So viele ergreifende Filme hab ich nicht gesehen dieses Jahr. Vielleicht "Nachtzug nach Lissabon", den wir uns auf Netflix angesehen haben. Ich mochte das Buch sehr und wollte den Film eigentlich schon längst gesehen haben. Er ist zum Glück wirklich toll - allein schon deswegen, weil ich zu Lissabon eine gute Verbindung habe. Aber auch sonst mag ich diese Geschichte eines älteren Menschen, der nur dadurch, dass er einer ihm zufällig in den Schoß gefallenen Geschichte folgt, vielen Menschen hilft, mit ihrer Vergangenheit Frieden zu schließen. Schade fand ich nur, dass der Schluss anders ist als im Buch.
Die meiste Zeit verbracht mit...? ...mir lieben Menschen und guten Gedanken und guten Gesprächen. "Gut" heißt hier natürlich nicht grundsätzlich "angenehm" oder "harmonisch". Es geht darum, dass ich Zeit hatte, mich auf Menschen einzulassen und Situationen. Sicher war das nicht "die meiste Zeit" - das wäre am Ende ja immer dieselbe Antwort - aber ich hatte zumindest in den letzten zwei Jahren nicht mehr so viel Zeit für mich und andere und diese Zeit konnte ich schon lange nicht mehr dazu nutzen, dass es darum geht, bewusst längere gemeinsame Wege zu gehen. Eine meiner Ziele der Selbständigkeit ist es ja, mehr Zeit zu haben und dieses Jahr war es zum ersten mal so, dass ich die Vorteile daraus, grundsätzlich mehr Zeit zu haben und die auch noch selbst aufteilen zu können, ganz bewusst wahrgenommen habe. Das ist noch nicht an der Stelle, an die ich möchte, aber es ist genug, um zu wissen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Die schönste Zeit verbracht damit...? ...die Dinge zu tun, die im Blog nicht groß auftauchen.
Vorherrschendes Gefühl 2019? ...ist schwer zu beschreiben, weil es was neues ist. Also nicht brandneu, sondern eine Weiterntwicklung eines Gefühls der Verbundenheit, des zusammengehörens. Das auf verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Menschen. Ein bisschen, als wenn ich es geschafft hätte, mehr Fenster und Durchgänge in meine Wände zu bekommen, durch die ich raus und andere reinschauen können und je mehr "Löcher" die Wand bekommt, desto stabiler, heller und belebter wird das Haus.
3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? 1. Das ständige Gefühl, die Zeit vergeht zu schnell. 2. Schnell körperlich unfit und energielos zu sein. 3. Den dritten Star Wars Film (will sagen: hätten sie ihn doch ein Jahr verschoben und die Zeit genutzt, einen wirklich guten Film zu drehen statt eines mittelguten Flickenteppichs, der sich zwar durchaus gut anfühlt, aber am Ende vor lauter auf-Nummer-sicher-gehen belanglos ist).
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Ich glaube, ich hab in den letzten fünf Jahren alles beweisen können, was ich beweisen wollte: Dass ich mich um mir liebe Menschen kümmere, sie nie im Stich lasse und immer da bin, wenn ich gebraucht werde. Dass ich in dem was ich kann so gut bin und dass ich technisch und kommunikativ so viel Erfahrung habe, um mit Präzision und Sicherheit die ganz großen Räder bewegen zu können. Dass die besten Ergebnisse dann kommen, wenn man mich machen lässt... ich glaube nicht, dass das irgendwer noch bezweifelt. Ich habe dieses Jahr nur einen von etwas überzeugen wollen und das war ich selbst, und zwar davon, dass ich mich nicht verstecken muss, dass ich mehr als ausreiche und dass ich schon lange gut genug in allem bin, in was ich gut sein will. Andere waren da schon viel früher und viel mehr von mir überzeugt als ich. Das war eine wichtige Erkenntnis.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Ein Herz. Ich habe ein Herz geschenkt bekommen.
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? Mir fällt tatsächlich kein konkreter Satz ein. Aber dieses Jahr haben mir liebe Menschen mir so viel schönes gesagt, daher ist das auch gar nicht schlimm.
Wundert ihr euch auch, warum immer noch auf diese "schwarze Null" gepocht wird, obwohl Austeritätspolitik schon längst als Rechenfehler entlarvt wurde? Da gehts ja darum, dass der Staat nicht noch "mehr Schulden" machen darf. Schulden sind schlimm und gefährlich, erzeugen Unsicherheit und Ängste und die Gefahren eines Defizits sind leicht vermittelbar. Allerdings vor allem denen, die Schulden kennen.
"Wir dürfen nicht über unsere Verhältnisse leben, sonst ist unser Wohlstand in Gefahr" verstehen viele Menschen als Analogie zu ihrer persönlichen Erfahrung: Das scheint dasselbe zu sein, was sie jedes Monatsende erleben, wenn es darum geht, dass genug für die Miete übrig ist.
Das Ding ist nur: Staatsschulden sind was völlig anderes als private Schulden. Ein Staatshaushalt funktioniert völlig anders als ein privater Haushalt. Die Analogie ist völlig falsch, aber leider naheliegend und m.E. auch gewollt, denn sie sorgt für die Zustimmung der Menschen, die am meisten unter den Auswirkungen der Politik leiden, die mit der "schwarzen Null" begründet wird. Diese Politik sorgt nämlich vor allem für immer neuen Einschränkungen in sozialen Bereichen von Nothilfe über Bildung zu Gesundheit und Rente.
Schauen wir aber doch mal an, wer diese Idee der "schwarze Null" eigentlich propagiert: Das sind Leute ohne Schulden (wobei sie manchmal schon Schulden machen, dann aber mit Absicht, um zu investieren, damit sie später Gewinne erwirtschaften). Leute, die eigentlich wissen, dass private Schulden und Staatsschulden nicht dasselbe sind. Die wissen dass der Staat seine Schulden sehr leicht durch neue/andere Steuern und Abgaben ausgleichen kann - das man sich nämlich bei denen holen könnte, wo das Geld herumliegt, statt bei denen, die eh keins haben - oder indem Subventionen umgeschichtet werden, von denen aber halt einflussreiche Konzerne schon lange Zeit profitieren, wenn das doch mal nötig wäre. Stattdessen "spart" er im Zweifel wo? Na, bei denen, die nichts haben.
Es geht bei der schwarzen Null also um einen echt perfiden Strohmann zur Projektion von Existenzängsten armer Menschen auf den Staat - der aber wie gesagt ein System ist, das gar nicht vergleichbar mit ihrer Situation ist -, dessen wichtigste Aufgabe es ist, zu vermeiden, dass der Staat für arme Menschen an die Gewinne und das Vermögen der Wohlhabenden geht, die sich keine Sorgen um Schulden machen müssen. Das manifestiert ein System zu Gunsten Wohlhabender auf Kosten derer, denen mit einer falschen Metapher ihrer eigenen Situation jeder Weg verbaut wird, jemals aus ihren Schulden zu kommen.
Das CSU-Video ist ein Lehrbeispiel für Contentstrategie gone wrong: Stilmittel, Optik, Tonalitat und Formate, die den einen unterstützen, authentisch zu sein, einfach zu kopieren macht nicht den anderen automatisch auch authentisch sondern kopiert nur die Stilmittel, Optik, Tonalitat und Formate. Authentizität ist keine Äußerlichkeit.
Es fehlt völlig der Kern, der Rezos Video erfolgreich machte: Sein Zerstörungsvideo war ein massives Bombardement (zeitraubend recherchierter und transparent dokumentierter) konkreter Inhalte, die er aus seiner emotionalen persönlichen Perspektive präsentierte. Nichts davon findet sich im CSU-Pendant: Es gibt keine echten Fakten, keine Links, keine persönliche Aussage des Protagonisten (der dadurch zu einem reinen Präsentator wird, was das Format schon im Ansatz ad absurdum führt).
Es ist nur eine reine Contentsimulation.
Was die CSU damit ungewollt bewiesen hat ist, dass sie tatsächlich keinen Draht zur Jugend hat, denn dieses Video scheint ja das Ergebnis der Überlegung "Wie können wir junge Menschen erreichen." zu sein und ich lese an zig Stellen wie alte Männer es dafür feiern und tatsächlich glauben, es sei eine adäquate Antwort auf Rezo.
Das macht ein bisschen stutzig, aber auch das ist erklärbar. Erinnern wir uns mal an die Reaktionen derselben Menschen auf Rezos Video: Nach der ersten Schockstarre haben die sich gegenseitig erzählt, dass Rezo ja nur eine Frontfigur für ein Werbeunternehmen sein, das wahlweise von Linken oder Grünen für die Produktion eines (anti-)PR-Videos bezahlt worden wäre. Und exakt das haben die jetzt ihrerseits gemacht.
Um im Contentmarketing zu bleiben: Sie haben mit einer falschen Grundannahme aus ihrer Innensicht am Ende für die falsche Zielgruppe produziert. Ihr Video hat letztlich gar nicht die Jugend im Visier sondern einen selbstgebauten Strohmann. Es soll den PR-Erfolg der imaginierten Partei, die in ihrer Welt Rezos Video bezahlt hat, ausgleichen. Deswegen ist da auch kein Inhalt drin. Es reicht ja, Format, Tonalität, Optik und Stilmittel zu kopieren, um einem Ding ein Gegending hinzustellen. In ihrer Welt ist der Score jetzt ausgeglichen und man kann sich wieder schlafen legen.
P.S.: Dswegen verbergen sie auch alle Kommentare: Es geht allein um den Anschein, eine für Ihre Augen gleichwertige PR-Antwort auf eine vermeintliche PR-Aktion geschaffen zu haben und alles, was dieses Bild stört und entfernt werden kann, wird halt entfernt.